Full text: Die gesetzlichen Grundlagen der Seuchenbekämpfung im Deutschen Reiche unter besonderer Berücksichtigung Preußens.

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zur Verbreitung der Krankheit beizutragen. Die Entscheidung hierüber ist 
nicht ohne vorherige Anhörung des beamteten Arztes zu treffen. In 
Zweifelsfällen ist eine bakteriologische Untersuchung zu veranlassen. 
Neben der Übertragung von Person zu Person spielen, wie 
bereits erwähnt, auch andere Gegenstände, welche mit den Krank- 
heitserregern in Berührung gekommen sind, bei einer Anzahl von 
Krankheiten eine wesentliche Rolle. Dies gilt namentlich vom 
Wasser. Unter den Krankheiten, welche durch das Wasser ver- 
breitet werden, sind in erster Linie Cholera, übertragbare Ruhr und 
Typhus zu nennen. 
Die Geschichte der Wasserversorgung von London und die 
Erfahrung des Jahres 1892 in Hamburg, sowie die zahlreichen Be- 
obachtungen von Krankheitsübertragung in der Schiffahrts- und Flößerei- 
bevölkerung sprechen für die bedeutende Rolle, welche Brunnen und 
Wasserleitungen bei der Verbreitung der Obolera spielen. Die Tanks 
in den Vorstädten von Oalkutta und der Hoogly, die zugleich die 
Abfallstoffe aufnehmen und Trinkwasser liefern, tragen sicherlich dazu 
bei, daß die Cholera in Bengalen niemals ausstirbt. 
Auch Typhusepidemien werden häufig durch Brunnen- und 
Wasserleitungen erzeugt, in welche durch irgend einen unglücklichen 
Zufall mit den Ausleerungen von Kranken Typhusbakterien hinein- 
gelangt sind. Die großen Typhusepidemien in Oberschlesien im Jahre 
1900 und im rheinisch-westfälischen Industriegebiet im Jahre 1901 
sind durch mangelhafte Wasserwerke erzeugt worden. 
Ähnliche Erfahrungen, wenn auch nicht in der Ausdehnung, liegen 
bezüglich der übertragbaren Ruhr vor. 
Das Wasser kann Krankheitsübertragungen nicht nur beim Ge- 
brauch als Trink- und Wirtschaftswasser, sondern auch beim Baden 
bewirken; die Fälle, in denen Personen nach der Benutzung von Bade- 
und Schwimmanstalten an Cholera oder Typhus erkrankt sind, sind 
nicht selten. 
Um allen diesen Gefahren zu begegnen, enthält das Reichs- 
seuchengesetz in & 17 die Vorschrift, daß in Ortschaften, welche von 
Cholera, Fleckfieber, Pest oder Pocken befallen oder bedroht sind, 
sowie in deren Umgegend die Benutzung von Brunnen, Teichen, Seen, 
Woasserläufen, Wasserleitungen, sowie der dem öffentlichen Gebrauche 
dienenden Bade-, Schwimm-, Wasch- und Bedürfnisanstalten verboten 
oder beschränkt werden kann. Durch das preußische Gesetz wird 
diese Bestimmung in ihrem ganzen Umfange auch auf Ruhr und 
Typhus ausgedehnt. 
Man fragt sich, weshalb wohl im Reichsgesetz neben der Cholera 
auch Fleckfieber, Pest und Pocken erwähnt sind, bei denen das 
Wasser keine oder eine ganz untergeordnete Rolle spielt. In der 
Begründung zu $17 R.G. wird dies damit erklärt, daß der 5 17 auch
	        
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