Full text: Die gesetzlichen Grundlagen der Seuchenbekämpfung im Deutschen Reiche unter besonderer Berücksichtigung Preußens.

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Desinfektionsordnungen zuerlassen; diese bedürfen der Genehmigung 
des Regierungspräsidenten. 
Abgesehen von der Wäsche, Kleidung, den persönlichen Gebrauchsgegen- 
ständen und (außer bei Körnerkrankheit) dem Wohnzimmer des Kranken 
sind bei der Desinfektion besonders zu berücksichtigen: 
der Nasen- und Rachenschleim, sowie die Gurgelwässer bei Diphtherie, 
Genickstarre, Lungen- und Kehlkopftuberkulose und Scharlach, 
die Stublentleerungen bei Ruhr und Iyphus, 
der Harn bei Typhus, 
die eitrigen Absonderungen und Verbandmittel bei Kindbettfieber, Milz- 
brand und KRotz. 
Es ist regelmäßig anzuordnen und sorgfältig darüber zu wachen, daß 
nicht nur nach der Genesung oder dem 'lode des Erkrankten eine soge- 
nannte Schlußdesinfektion stattfindet, sondern daß während der ganzen 
Dauer der Krankheit die Vorschriften der Desinfektionsanweisung über die 
Ausführung der Desinfektion am Krankenbett peinlich befolgt 
werden. Es ist Aufgabe der Polizeibehörde und der beamteten Arzte, die 
Bevölkerung hierauf bei jeder sich darbietenden Gelegenheit hinzuweisen. 
Die angeordneten Desinfektionsmaßnahmen sind, soweit tunlich, durch 
staatlich geprüfte und amtlich bestellte Desinfektoren auszuführen, jeden- 
falls aber durch derartige sachverständige Personen zu überwachen. 
Nächst dem Kranken selbst sind die wichtigsten Quellen für die 
Übertragung von Krankheiten die Absonderungen des Kranken, seine 
Wäsche- und Kleidungsstücke, alle diejenigen Gegenstände, welche 
mit ihm in Berührung gekommen sind, und die Räume, in welchen 
er sich aufgehalten hat. Hiervon war man bereits überzeugt, ehe 
man die Krankheitserreger kannte. Schon die $$S 19 bis 21 des 
Regulativs enthalten eingehende Vorschriften über die Reinigung und 
Desinfektion der Wohnung und der Effekten des Kranken und em- 
pfahlen die Errichtung von Desinfektionsanstalten und die Einrichtung 
besonderer Desinfektionskommissionen unter Leitung von Polizeibeamten 
und unter Mitwirkung von Sachverständigen. 
Die Desinfektion wurde aber früher unzweckmäßig gehandhabt; 
sie ging einerseits viel zu weit, andererseits bei weitem nicht weit 
genug. Zu weit ging sie in der Beziehung, daß man in der Um- 
gebung des Kranken wild darauf los desinfizierte, ohne zu fragen, 
ob auch alles das, was man der Desinfektion unterwarf, wirklich 
Krankheitskeime enthalten konnte. In dieser Beziehung wird bis in die 
neueste Zeit hinein gesündig. Wenn man z. B.in einem Zimmer, in 
welchem ein Kranker gelegen hat, die Wände, die Decke, jeden Winkel 
und alle Möbel desinfiziert, so trifft man dabei zahllose Stellen, nach 
welchen Krankheitskeime überhaupt nicht hinkommen konnten. Diese mit 
großer Belästigung und vielen Kosten für die Bewohner verbundene Viel- 
geschäftigkeit schließt aber die Gefahr in sich, daß man dabei irgend einen 
Winkel, in welchem sich wirklich Krankheitskeime befinden, übersieht. 
Nicht weit genug aber gingen die alten Vorschriften, weil sie die 
Reinigung der Wohnung und die Desinfektion erst nach der völligen 
Genesung des Kranken durchführten. Es kann aber keinem Zweifel 
unterliegen, daß eine solche Desinfektion viel zu spät kommt; denn
	        
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