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ıst der Kranke genesen, so ist die Mehrzahl der Krankheitskeime,
welche sich in der Wohnung befinden, bereits abgestorben. Will man
aber wirklich etwas erreichen, so darf man sich auf eine solche Schluß-
desinfektion nicht beschränken, sondern muß vom ersten Tage der
Erkrankung an während der ganzen Dauer derselben ununterbrochen
alle Absonderungen und Wäschestücke usw., welche von dem Kranken
herrühren, sorgfältig desinfizieren.. Tut man dies aber, dann ist
eine eigentliche Schlußdesinfektion kaum noch nötig, denn dann ist ja
alles, was gefährlich sein könnte, bereits unschädlich gemacht. Diesen
Grundsätzen trägt die Desinfektionsanweisung, welche dem preußischem
Gesetz beigegeben ist, in vollem Umfange Rechnung, und sie wird
sich in der Praxis um so segensreicher erweisen, als der Bundesrat
dieselbe inzwischen mit unbedeutenden Abänderungen auch für
die gemeingefährlichen Krankheiten des BReichsgesetzes für gültig er-
klärt hat.
S 19 Abs. 2 R.G. findet auf die Krankheiten im preußischen Gesetz
keine Anwendung. Bei ihnen ist also die Desinfektion von Reisege-
päck und Handelswaren unter allen Umständen unzulässig. Uneinge-
schränkt zulässig ist sie nur bei Fleckfieber, Pest und Pocken, dagegen
bei Aussatz, Cholera und Gelbfieber nur dann, wenn die Annahme,
daß die Gegenstände mit dem Krankheitsstoff behaftet sind, durch be-
sondere Umstände begründet ist. Als Grund für diese unterschiedliche
Behandlung wird in der Begründung zum Reichsgesetz ausgeführt,
daß bei Fleckfieber, Pest und Pocken der Krankheitsstoff schon durch
die Berührung mit Gegenständen, welche ein Kranker benutzt hat,
weitergetragen werden kann, es liege daher bei ihnen die Gefahr der
Weiterverbreitung durch Waren und Reisegepäck so nahe, daß es
geboten erscheine, zum Schutze gegen diese Krankheiten die Zulässig-
keit der Desinfektion gemäß $ 19 Abs. 1 ohne Einschränkung offen-
zuhalten. Eine solche Gefahr bestehe dagegen bei Aussatz, Cholera
und Gelbfieber im allgemeinen nicht, auch liege es im Interesse des
Verkehrs, die Desinfektion von Warensendungen nur insoweit eintreten
zu lassen, als anzunehmen sei, daß sie auch wirklich den Krankheits-
stoff treffe. Der Gefahr der Seuchenverschleppung durch Warenverkehr
empfehle es sich durch Aus- und Einfuhrverbote gemäß S 15 Nr. 1
und $ 24 Nr. 2, nicht aber durch Desinfektion entgegenzutreten. Bei
der Verbreitung der übertragbaren Krankheiten des preußischen Ge-
setzes spielen Reisegepäck und Handelswaren so gut wie gar keine Rolle;
höchstens kann bei Ruhr und Typhus etwaige mit Krankheitserregern
beschmutzte Wäsche in Frage kommen. Indessen bricht sich mehr und
mehr die Überzeugung Bahn, daß der Mensch, welcher die Krankheits-
keime bei sich trägt, viel gefährlicher ist als die wenige schmutzige
Wäsche, welche er bei sich hat, und daß man daher alles Wünschens-
werte erreicht, wenn man die Gefahren, welche der reisende Mensch in