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Kosten stattfindet. Hiernach kann es keinem Zweifel unterliegen, dab:
invalidenversicherungspflichtige Personen keinerlei Anspruch auf Ent-
schädigung haben, wenn sie wegen Krankheit abgesondert werden,
sondern daß der Entschädigungsanspruch nur vorliegt, wenn die Ab-
sonderung resp. die Beschränkung in der Wahl des Aufenthaltes oder
der Arbeitsstätte wegen Krankheits- oder Ansteckungsverdacht erfolgt.
Es muß ausdrücklich hervorgeboben werden, daß eine derartige
Entschädigungspflicht bei den Krankheiten des preußischen Gesetzes
nicht vorliegt, sondern lediglich bei den sechs gemeingefährlichen
Krankheiten des Reichsgesetzes besteht. Das heißt also: eine in-
validenversicherungspflichtige Person, welche wegen Oholeraverdachtes
abgesondert wird, ist entschädigungsberechtigt, findet dagegen die
Absonderung wegen Typhusverdacht statt, so besteht ein Anspruch
auf Entschädigung nicht.
Schon dieser für jeden Sachverständigen unverständliche Unter-
schied spricht gegen die ganze Maßregel. Auch darf nicht außer acht
gelassen werden, daß große Schichten der Bevölkerung, bei denen
eine Invalidenversicherung nicht besteht, durch die Anordnung einer
Beobachtung oder Überwachung, mit denen ein Verlust von Arbeits-
verdienst verbunden ist, unter Umständen viel schwerer betroffen
werden, als diejenigen Personen, welche der Invalidenversicherung
unterliegen.
Ein Beispiel aus der Praxis mag dies erläutern. Bei den beiden
Pestfällen, welche sich im Jahre 1903 in Berlin ereigneten, wurden
der Fuhrherr und dessen Kutscher, welche die Pestkranken in die
Charite übergeführt hatten, als ansteckungsverdächtig abgesondert.
Der Kutscher erhielt die Entschädigung, weil er invalidenversiche-
rungspllichtig war, der Fuhrherr selbst erhielt keine Entschädigung,
obwohl er einen viel größeren Ausfall an Arbeitsverdienst gehabt hatte.
Unter Umständen können ähnliche Fälle zu großen Härten führen.
Das braunschweigische Gesetz steht bezüglich der in ihm.
behandelten Krankheiten ganz auf dem Boden des Reichsgesetzes.
In Braunschweig steht also invalidenversicherungspflichtigen Personen
stets eine Entschädigung zu, wenn sie als krankheits- oder ansteckungs-
verdächtig abgesondert werden, gleichgültig auf welche übertragbare
Krankheit der Verdacht sich bezieht.
2. Ermittelung und Auszahlung der Entschädigungen.
S 34 R.G. Die Kosten der Entschädigungen sind aus Öffentlichen
Mitteln zu bestreiten. Im übrigen bleibt der landesrechtlichen
Regelung vorbehalten, Bestimmungen darüber zu treffen:
l. von wem die Entschädigung zu gewähren und wie die-
selbe aufzubringen ist,