Full text: Die gesetzlichen Grundlagen der Seuchenbekämpfung im Deutschen Reiche unter besonderer Berücksichtigung Preußens.

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Durch 5 37 Abs. 1 wurden die bis dahin bestehenden gesetzlichen 
Bestimmungen über die Bekämpfung der übertragbaren Krankheiten 
aufgehoben, und wurde dem unerwünschten Zustande ein Ende ge- 
macht, dab in den einzelnen Provinzen des preufischen Staates ganz 
verschiedene Vorschriften bezüglich der Seuchenbekämpfung bestanden, 
da das Regulativ von 1835 nur für die sogenannten alten Provinzen 
Gültigkeit besal. 
Durch $ 37 Abs. 2 wurde speziell das Regulativ vom 8. Aug. 
1835 aufgehoben, doch sollen zwei Bestimmungen desselben in Kraft 
bleiben, nämlich einmal diejenige, die sich auf Sanıitätskommis- 
sionen in größeren Städten bezieht, und sodann diejenige, welche 
von Zwangsimpfungen bei dem Ausbruch einer Pockenepidemie 
handelt ($ 55 des Regulativs). Die Aufrechterhaltung dieser und der 
sonst bestehenden gesetzlichen Vorschriften über Zwangsimpfungen 
war notwendig, weil das Reichsimpfgesetz vom 8. April 1874 keinerlei 
Vorschriften über Zwangsimpfungen enthält, sondern sich in $ 18 
Abs. 3 nur auf die landesrechtlichen Bestimmungen über Zwangs- 
impfungen bezieht. Wäre also das Regulativ von 1835 in vollem Um- 
fange aufgehoben worden, so wäre damit in Preußen das Recht, 
Zwangsimpfungen anzuordnen, in Fortfall gekommen. Dies wäre um 
so verhängnisvoller geworden, als auch in der Anweisung des Bundes- 
rats über die Bekämpfung der Pocken eine Vorschrift über die Vor- 
nahme von Zwangsimpfungen nicht enthalten ist. 
Was die alten Sanitätskommissionen betrifit, so ist die 
einzige Stadt, welche auf die Erhaltung derselben Wert gelegt hat, 
die Stadt Berlin. 
2. Datum des Inkrafttretens des preußischen Gesetzes. 
S$ 38 Abs. 1 u. 2 P.G. Diejenigen Vorschriften des gegenwärtigen 
Gesetzes, welche sich auf Genickstarre beziehen, treten mit 
dem Tage der Verkündigung dieses Gesetzes in Kraft. 
Im übrigen wird der Zeitpunkt des Inkrafttretens des 
gegenwärtigen Gesetzes durch Königliche Verordnung be- 
stimmt. 
Bei Erlaß des Gesetzes bestand der Wunsch, mit demselben zu- 
gleich auch die Ausführungsbestimmungen zu veröffentlichen. Das 
Gesetz wurde am 28. August 1905 Allerhöchst vollzogen, als Tag der 
Gültigkeit des Gesetzes jedoch durch Allerhöchsten Erlaß vom 10. Ok- 
tober 1905 der 20. Oktober 1905 festgesetzt. 
Mit Rücksicht darauf jedoch, daß die übertragbare Genick- 
starre im Jahre 1905 in verschiedenen Teilen des preußischen Staates, 
namentlich in Oberschlesien in epidemischer Verbreitung herrschte,
	        
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