Full text: Die gesetzlichen Grundlagen der Seuchenbekämpfung im Deutschen Reiche unter besonderer Berücksichtigung Preußens.

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$ 5. Landesrechtliche Bestimmungen, welche eine weitergehende Anzeige- 
pflicht begründen, werden durch dieses Gesetz nicht berührt. 
Durch Beschluß des Bundesrats können die Vorschriften über die Anzeige- 
pflicht ($$ 1 bis 4) auf andere als die im $ 1 Abs. 1 genannten übertragbaren 
Krankheiten ausgedehnt werden. 
Ermittelung der Krankheit. 
$ 6. Die Polizeibehörde muß, sobald sie von dem Ausbruch oder dem Ver- 
dachte des Auftretens einer der im $ 1 Abs. 1 genannten Krankheiten (gemein- 
gefährliche Krankheiten) Kenntnis erhält, den zuständigen beamteten Arzt be- 
nachrichtigen. Dieser hat alsdann unverzüglich an Ort und Stelle Ermittelungen 
über die Art, den Stand und die Ursache der Krankheii vorzunehmen und der 
Polizeibehörde eine Erklärung darüber abzugeben, ob der Ausbruch der Krank- 
heit festgestellt oder der Verdacht des Ausbruchs begründet ist. In Notfällen 
kann der beamtete Arzt die Ermittelung auch vornehmen, 'ohne daß ihm eine 
Nachricht der Polizeibehörde zugegangen ist. 
In Ortschaften mit mehr als 10000 Einwohnern ist nach den Bestimmungen 
des Abs. 1 auch dann zu verfahren, wenn Erkrankungs- oder Todesfälle in einem 
räumlich abgegrenzten Teile der Ortschaft, welcher von der Krankheit bis dahin 
verschont geblieben war, vorkommen. 
Die höhere Verwaltungsbehörde kann Ermittelungen über jeden einzelnen 
Krankheits- oder Todesfall anordnen. Solange eine solche Anordnung nicht ge- 
troffen ist, sind nach der ersten Feststellung der Krankheit von dem beamteten 
Arzte Ermittelungen nur im Einverständnisse mit der unteren Verwaltungsbe- 
hörde und nur insoweit vorzunehmen, als dies erforderlich ist, um die Ausbrei- 
tung der Krankheit örtlich und zeitlich zu verfolgen. 
8 7. Dem beamteten Arzte ist, soweit er es zur Feststellung der Krankheit 
für erforderlich und ohne Schädigung des Kranken für zulässig hält, der Zutritt. 
zu dem Kranken oder zur Leiche und die Vornahme der zu den Ermittelungen 
über die Krankheit erforderlichen Untersuchungen zu gestatten. Auch kann bei 
Cholera-, Gelbfieber- und Pestverdacht eine Offnung der Leiche polizeilich an- 
geordnet werden, insoweit der beamtete Arzt dies zur Feststellung der Krankheit 
für erforderlich hält. 
Der behandelnde Arzt ist berechtigt, den Untersuchungen, insbesondere auch 
der Leichenöffnung beizuwohnen. 
Die in 8$ 2 und 3 aufgeführten Personen sind verpflichtet, über alle für- 
die Entstehung und den Verlauf der Krankheit wichtigen Umstände dem be- 
amteten Arzte und der zuständigen Behörde auf Befragen Auskunft zu erteilen. 
& 8. Ist nach dem Gutachten ‚des beamteten Arztes der Ausbruch der 
Krankheit festgestellt oder der Verdacht des Ausbruchs begründet, so hat die 
Polizeibehörde unverzüglich die erforderlichen Schutzmaßregeln zu treffen. 
& 9. Bei Gefahr im Verzuge kann der beamtete Arzt schon vor dem Ein- 
schreiten der Polizeibehörde die zur Verhütung der Verbreitung der Krankheit 
zunächst erforderlichen Maßregeln anordnen. Der Vorsteher der Ortschaft hat 
den von dem beamteten Arzte getroffenen Anordnungen Folge zu leisten. Von 
den Anordnungen hat der beamtete Arzt der Polizeibehörde sofort schriftliche 
Mitteilung zu machen; sie bleiben so lange in Kraft, bis von der zuständigen 
Behörde anderweitige Verfügung getroffen wird. 
10. Für Ortschaften und Bezirke, welche von einer gemeingefährlichen 
Krankheit befallen oder bedroht sind, kann durch die zuständige Behörde ange- 
ordnet werden, daß jede Leiche vor der Bestattung einer amtlichen Besichtigung: 
(Leichenschau) zu unterwerien ist. 
Schutzmaßregeln. 
8 11. Zur Verhütung der Verbreitung der gemeingefährlichen Krankheiten 
können für die Dauer der Krankheitsgefahr Absperrungs- und Aufsichtsmaß- 
regeln nach Maßgabe der $$ 12 bis 21 polizeilich angeordnet werden. 
Die Anfechtung der Anordnungen hat keine aufschiebende Wirkung.
	        
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