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§ 17. In Ortschaften, welche von Cholera, Fleckfieber, Pest oder Pocken
befallen oder bedroht sind, sowie in deren Umgegend kann die Benutzung von
Brunnen, Teichen, Seen, Wasserläufen, Wasserleitungen sowie der dem öffentlichen
Gebrauche dienenden Bade-, Schwimm- und Bedürfnisanstalten verboten oder be-
schränkt werden.
§ 18. Die gänzliche oder teilweise Räumung von Wohnungen und Ge-
bäuden, in denen Erkrankungen vorgekommen sind, kann, insoweit der beamtete
Arzt es zur wirksamen Bekämpfung der Krankheit für unerläßlich erklärt, an-
geordnet werden. Den betroffenen Bewohnern ist anderweit geeignete Unterkunft
unentgeltlich zu bieten.
§ 19. Für Gegenstände und Räume, von denen anzunehmen ist, daß sie
mit dem Krankheitsstoffe behaftet sind, kann eine Desinfektion angeordnet werden.
Für Reisegepäck und Handelswaren ist bei Aussatz, Cholera und Gelb-
fieber die Anordnung der Desinfektion nur dann zulässig, wenn die Annahme,
daß die Gegenstände mit dem Krankheitsstoffe behaftet sind, durch besondere
Umstände begründet ist.
Ist die Desinfektion nicht ausführbar oder im Verhältnisse zum Werte der
Gegenstände zu kostspielig, so kann die Vernichtung angeordnet werden.
§ 20. Zum Schutze gegen Pest können Maßregeln zur Vertilgung und
Fernhaltung von Ratten, Mäusen und anderem Ungeziefer angeordnet werden.
§ 21. Für die Aufbewahrung, Einsargung, Beförderung und Bestattung der
Leichen von Personen, welche an einer gemeingefährlichen Krankheit gestorben
sind, können besondere Vorsichtsmaßregeln angeordnet werden.
§ 22. Die Bestimmungen über die Ausführung der in den §§ 12 bis 21
vorgesehenen Schutzmaßregeln, insbesondere der Desinfektion, werden vom Bundes-
rat erlassen.
§ 23. Die zuständige Landesbehörde kann die Gemeinden oder die weiteren
Kommunalverbände dazu anhalten, diejenigen Einrichtungen, welche zur Be-
kämpfung der gemeingefährlichen Krankheiten notwendig sind, zu treffen. Wegen
Aufbringung der erforderlichen Kosten findet die Bestimmung des § 37 Abs. 2
Anwendung.
§ 24. Zur Verhütung der Einschleppung der gemeingefährlichen Krank-
heiten aus dem Auslande kann der Einlaß der Seeschiffe von der Erfüllung ge-
sundheitspolizeilicher Vorschriften abhängig gemacht sowie
1. der Einlaß anderer dem Personen- oder Frachtverkehre dienenden Fahr-
zeuge,
2. die Ein- und Durchfuhr von Waren und Gebrauchsgegenständen,
3. der Eintritt und die Beförderung von Personen, welche aus dem von
der Krankheit befallenen Lande kommen,
verboten oder beschränkt werden.
Der Bundesrat ist ermächtigt, Vorschriften über die hiernach zu treffenden
Maßregeln zu beschließen. Soweit sich diese Vorschriften auf die gesundheits-
polizeiliche Überwachung der Seeschiffe beziehen, können sie auf den Schiffs-
verkehr zwischen deutschen Häfen erstreckt werden.
§ 25. Wenn eine gemeingefährliche Krankheit im Ausland oder im Küsten-
gebiete des Reichs ausgebrochen ist, so bestimmt der Reichskanzler oder für das
Gebiet des zunächst bedrohten Bundesstaats im Einvernehmen mit dem Reichs-
kanzler die Landesregierung, wann und in welchem Umfange die gemäß § 34
Abs. 2 erlassenen Vorschriften in Vollzug zu setzen sind.
§ 26. Der Bundesrat ist ermächtigt, Vorschriften über die Ausstellung von
Gesundheitspässen für die aus deutschen Häfen ausgehenden Seeschiffe zu be-
schließen.
§ 27. Der Bundesrat ist ermächtigt, über die bei der Ausführung wissen-
schaftlicher Arbeiten mit Krankheitserregern zu beobachtenden Vorsichtsmaß-
regeln sowie über den Verkehr mit Krankheitserregern und deren Aufbewahrung
Vorschriften zu erlassen.
Entschädigungen.
§ 28. Personen, welche der Invalidenversicherung unterliegen, haben für
die Zeit, während der sie auf Grund des § 12 in der Wahl des Aufenthalts oder