Full text: Die gesetzlichen Grundlagen der Seuchenbekämpfung im Deutschen Reiche unter besonderer Berücksichtigung Preußens.

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Hierbei ist eines häufigen Vorkommnisses zu gedenken, das häufig 
zu beobachten und die Statistik ganz falsch zu gestalten geeignet ist. 
Gelangt nämlich eine Erkrankung erst bei ihrem tödlichen Ausgang 
zur Anzeige, so wird sie in den Listen der Kreisärzte häufig nur als 
Todesfall und nicht auch als Erkrankung geführt. Dies ist nicht 
richtig, weil dadurch das Verhältnis der Todesfälle zu denjenigen der 
Erkrankungen ungünstiger erscheint, als es tatsächlich ist. Eine erst im 
Fall des Todes gemeldete Erkrankung muß sowohl als Erkrankung wie 
als Todesfall gezählt werden. 
Da beim Todesfall besondere Maßnahmen bezüglich der Desinfek- 
tion der Wohnung und der Effekten sowie bezüglich der Behand- 
lung der Leiche zu treffen sind, ist es für die Polizeibehörde von 
der größten Wichtigkeit, den Todesfall auch dann ausdrücklich ange- 
zeigt zu erhalten, wenn die Erkrankung angezeigt war. Es können 
sonst unheilvolle Unterlassungen von Schutzmaßregeln entstehen. Diese 
doppelte Anzeigepflicht mag vielen lästig erscheinen, aber ihre Er- 
füllung ist von der größten Wichtigkeit für die Allgemeinheit. 
In hohem Grade erwünscht wäre es, wenn auch eine Anzeige- 
pflicht für den Zeitpunkt der Genesung der Erkrankten bestände, weil 
dann die Polizeibehörde sicher wüßte, wann die Schlußdesinfektion an- 
zuordnen ist. Man hat jedoch von der Einführung dieser Anzeigepflicht 
Abstand genommen, weil es zuweilen schwierig ıst, den Zeitpunkt der 
Genesung genau zu bestimmen. Je mehr sich die Vornahme von bak- 
teriologischen Untersuchungen auch im Verlauf der einzelnen Krank- 
heitsfälle einbürgert, um so sicherer wird man in der Bestimmung des 
Eintritts der Genesung werden. Bei Aussatz, Oholera, Diphtherie, 
Genickstarre, Malaria, Milzbrand, Pest, Rotz, Rückfallfieber, Ruhr, 
Tuberkulose und Typhus. also bei allen Krankheiten, deren Erreger 
bekannt sind, wird heutzutage kein gewissenhafter Arzt mehr den 
Kranken für genesen erklären, so lange sich in seinen Absonderungen 
noch Krankheitserreger nachweisen lassen. Dies unter Polizeiaufsicht 
zu stellen, erschien jedoch nicht empfehlenswert, die Einführung einer 
Anzeigepflicht für die Genesung daher nicht angezeigt. 
Bei Lungen- und Kehlkopfstuberkulose besteht in 
Preußen nur die Anzeigepflicht für die Todesfälle. Um dem etwaigen 
Irrtum zu begegnen, als bestände die Anzeigepflicht nur in denjenigen 
Fällen zu Recht, in denen sowohl die Lunge als auch der Kehlkopf 
tuberkulös erkrankt ist, ist in den allgemeinen Ausführungsbestim- 
mungen zu S 1 P.G. ausdrücklich bemerkt: 
„Die Anzeigepflicht bei Lungen- und Kehlkopftuber- 
kulose erstreckt sich sowohl auf Todesfälle an Lungen-, als auch 
auf solche an Kehlkopftuberkulose.“ 
(Siehe Tabelle auf Seite 36 und 37.)
	        
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