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durch seinen Doktoreid und sein Pflichtgefühl gehalten, die gesetz-
lichen Bestimmungen über die Anzeigepflicht gewissenhaft zu be-
obachten.
Was ist nun unter dem zugezogenen Arzt zu verstehen? In den
Seuchengesetzen ist sonst überall von dem behandelnden Arzt
die Rede. Wenn hier ein anderer Ausdruck gewählt ist, so hat dies
darin seinen Grund, daß viele Personen, namentlich auf dem Lande,
einen Arzt selbst bei ernsten Erkrankungen nur ein einziges Mal zu-
ziehen, so daß dieser, selbst wenn er die Diagnose gestellt und den
Heilplan angegeben hat, Bedenken tragen mul, sich als behandelnden
Arzt anzusehen. Wenn ein Arzt, der zu dem Kranken nur ein einziges
Mal zugezogen wird, auch Bedenken trägt, die polizeiliche Anzeige des
Falles zu erstatten, weil er vielleicht über die Diagnose noch Zweifel
hegt, so ist das verständlich. Allein für die Polizei ist er auch in
diesem Falle die zur Beurteilung des Falles berufenste Person, und
deswegen legt das Gesetz die Anzeigepflicht nicht dem „behandeln-
den“, sondern dem „zugezogenen“ Arzte auf.
Für die Arzte ergibt sich aus dieser Bestimmung die Verpflichtung,
sich jedesmal, wenn sie bei einem Kranken eine übertragbare Krank-
heit vermuten oder feststellen, Gewißheit darüber zu verschaffen, ob
sie der erste Arzt sind, der den Kranken sieht, und ob der Fall be-
reits polizeilich angezeigt Ist.
Für gewöhnlich versteht man unter einem zugezogenen Arzt einen
solchen, der von dem behandelnden Arzt wegen seiner wissenschaft-
lichen Bedeutung zu einer Konsultation am Krankenbett hinzugezogen
wird. In diesem Sinne ist hier das Wort „zugezogen“ nicht zu ver-
stehen. Einem Konsiliarius liegt nach dem Gesetz eine Anzeigepflicht
nıcht ob, er kann sie getrost dem behandelnden Arzt überlassen.
2. In Fällen, zu denen ein Arzt nicht zugezogen ist, ist die
Anzeigepflicht dem Haushaltungsvorstande, als dem zunächst Be-
teiligten, auferlegt worden. Unter Haushaltungsvorstand ist in Familien
der Ehemann oder, falls er verreist, selbst erkrankt oder verstorben
ist, die Hausfrau oder, falls auch sie nicht zur Stelle, erkrankt oder
verstorben, und ein Stellvertreter nicht vorhanden ist, das älteste
geschäftsfähige Kind zu verstehen. Bilden mehrere Geschwister oder
Freunde einen gemeinsamen Haushalt, so wird einer von ihnen als
Haushaltungsvorstand anzusehen sein. Alleinstehende Personen, welche
einen selbständigen Haushalt führen, sind selbst als Haushaltungs-
vorstand zu betrachten.
3. Ist ein Haushaltungsvorstand nicht vorhanden oder an der
Erfüllung der Anzeigepflicht, z. B. durch eigene Erkrankung, ver-
hindert, fehlt es auch an einem geschäftsfähigen Stellvertreter, so