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giftung und Trichinose die Einführung der obligatorischen Leichen-
schau unzulässig ist. Gegenüber dieser Einschränkung der polizei-
lichen Befugnisse enthält die Ausführungsbestimmung eine Erweiterung
nach der Richtung hin, daß die Leichenschau womöglich durch einen
Arzt zu erfolgen hat, während nach dem Wortlaut des Reichsgesetzes
sie auch durch eine beliebige andere Person (Leichenschauer) er-
folgen darf.
Die Einführung der Leichenschau wird es ermöglichen, auch Fälle,
welche zum Tode führen, ohne daß ein Arzt zugezogen war, noch fest-
stellen zu können. Dies ist namentlich bei Cholera und Pest, aber
auch z. B. bei Milzbrand und Typhus, wichtig. Die Erfahrungen
der Choleraerkrankungen im Jahre 1905 haben bestätigt, daß die Ein-
führung der Leichenschau eine außerordentlich zweckmälige Maß-
regel ist.
Zusammenfassend sei bemerkt, daß die Einführung der obliga-
torischen Leichenschau zulässig ist:
1. nach dem Reichsgesetz für Ortschaften und Bezirke, welche
von Aussatz, Cholera, Fleckfieber, Gelbfieber, Pest oder
Pocken befallen oder bedroht sind,
2. nach dem preußischen Gesetz und den Ausführungsbestimmungen
für Ortschaften und Bezirke, welche von Milzbrand, Rotz, Ruhr
oder Typhus befallen sind.
Es besteht also eine sehr bemerkenswerte Einschränkung der
Vorschriften des Reichsgesetzes bei den vier Krankheiten des
preußischen Gesetzes nach der Richtung hin, daß die Einführung der
obligatorischen Leichenschau zulässig ist nicht schon bei der An-
näherung einer Epidemie, d. h. wenn die Ortschaft oder der Bezirk
erst bedroht ist, sondern wenn die Epidemie bereits aufgetreten ist,
d. h. wenn die Ortschaft oder der Bezirk bereits von der Krankheit
befallen ist. Durch diese Einschränkung sollte zum Ausdruck gebracht
werden, dab bei den im preußischen Gesetz aufgeführten Krankheiten
als weniger gemeingefährlichen ein milderes Verfahren ausreicht. Es
muß aber ausdrücklich hervorgehoben werden, daß die vom Minister
erlassenen Ausführungsbestimmungen keine Gesetzeskraft haben, sondern
im Bedarfsfalle von demselben Minister so weit ausgedehnt werden
können, als es nach dem Wortlaut des Gesetzes zulässig ist; daß daher
im Bedarisfalle die Einführung der obligatorischen Leichenschau auch
bei den anderen Krankheiten des preußischen Gesetzes und auch für
Ortschaften und Bezirke angeordnet werden kann, welche von der
Krankheit nicht schon befallen, sondern erst bedroht sind. Bei dem
gemeingefährlichen Charakter der Genickstarre z. B. und der großen
Übertragbarkeit des Rückfallfiebers wird eine derartige Ausdehnung
der Ausführungsbestimmungen zu Zeiten von Epidemien in Erwägung
zu nehmen sein.