— 171 —
Kreisarzt sich behufs Vornahme der Ermittelungen am Krankenbette
treffen. Das Gesetz schreibt aber keineswegs vor, daß dem beamteten
Arzte der Zutritt zu dem Kranken untersagt ist, wenn der behandelnde
Arzt, trotzdem ihm von dem beamteien Arzte die Gelegenheit zur
Abgabe seiner Erklärung rechtzeitig gegeben war, nicht erscheint und
die ihm zustehende Erklärung nicht abgibt. Vielmehr hat der be-
amtete Arzt seine Pflicht gegenüber dem behandelnden Arzte erfüllt,
wenn er die vorgeschriebene Mitteilung gemacht hat, und hat nunmehr
vollkommen freie Hand, soweit nicht nur die privaten Interessen des
Kranken, sondern auch die öffentlichen Interessen der Allgemeinheit
in Betracht kommen.
Das braunschweigische Gesetz nimmt übrigens bezüglich des
Zutrittsrechtes des beamteten Arztes denselben Standpunkt ein wie
das preußische.
Eine sehr bedenkliche Einschränkung des Zutrittsrechts des be-
amteten Arztes enthält S 6 Abs. 2 P.G., welche bei Kind bettfieber
oder Verdacht desselben für den beamteten Arzt den Zutritt nicht nur von
der Zustimmung des behandelnden Arztes, sondern auch von derjenigen
des Haushaltungsvorstardes abhängig macht. Der Grund für diese Be-
stimmung, welche gleichfalls durch das Abgeordnetenhaus in das Gesetz
hineingebracht worden ist, war der, daß man den Zutritt eines fremden
Arztes zum Krankenbett bei einer Wöchnerin für besonders bedenklich
hielt. Die Aufnahme dieser an sich wohlgemeinten Bestimmung hat jedoch
große Bedenken. Für die Wöchnerin gefährlich könnte nur eine innere
Untersuchung sein und auch nur dann, wenn der beamtete Arzt bei ihrer
Vornahme jede Vorsicht außer acht ließe; deshalb wird in $9 der An-
weisung für die Bekämpfung des Kindbettfiebers die Vornahme einer
inneren Untersuchung dem beamteten Arzte ausdrücklich untersagt.
Wie aber soll der beamtete Arzt mit Sicherheit feststellen, ob es sich
wirklich um Kindbettfieber handelt oder nicht, wenn kein behandelnder
Arzt vorhanden ist, und der Haushaltungsvorstand ihm aus Unverstand
oder aus sonstigen unberechtigten Gründen den Zutritt zu der Kranken
untersagt, es ihm also nicht möglich macht, die Kranke zu befragen und
durch Feststellung der Körperwärme und der Pulsfreguenz und durch
Untersuchung des Wochenflusses sich ein Bild von der Erkrankung zu
machen ? Die Befragung der Hebamme reicht dazu nicht aus. Hoffent-
lich gelingt es den beamteten Ärzten, durch gütliches Zureden sich
den Zutritt auch zu Wöchnerinnen zu verschaffen! Sonst wird es kaum
gelingen, das für die Frauenwelt so unheilvolle Kindbettfieber einzu-
dämmen.
Nach $ 7 Abs. 1 Satz 1 R.G. ist dem beamteten Arzte auch die
Vornahme der zu den Ermittelungen über die Krankheit erforderlichen
Untersuchungen zu gestatten. Durch $ 6 Abs. 1 Satz 1 P.G. ist diese
Bestimmung auf die Krankheiten des preußischen Gesetzes — wieder