Full text: Die gesetzlichen Grundlagen der Seuchenbekämpfung im Deutschen Reiche unter besonderer Berücksichtigung Preußens.

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ständig die ersten Anordnungen zu treffen und zu diesem Behufe die 
Beihilfe der örtlichen Behörde in Anspruch zu nehmen.“ Dieses 
Recht wird dem beamteten Arzt sowohl durch das Reichsseuchengesetz 
vom 30. Juni 1900 als auch durch das Kreisarztgesetz vom 16. Sept. 
1899 verliehen. 
Beide Bestimmungen, 
die fast wörtlich überein- 
stimmen, seien nachstehend neben einandergestellt: 
Reichsseuchengesetz $ 9. 
„Bei Gefahr im Verzuge kann der 
beamtete Arzt schon vor dem Ein- 
schreiten der Polizeibehörde die zur 
Verhütung der Krankheit zunächst er- 
forderlichen Maßregeln anordnen. Der 
Vertreter der Ortschaft hat den von 
dem beamteten Arzte getroffenen An- 
ordnungen Folge zu leisten. Von den 
Anordnungen hat der beamtete Arzt 
der Polizeibehörde sofort schriftliche 
Mitteilung zu machen; sie bleiben so 
lange in Kraft, bis von der zuständigen 
Behörde anderweitige Verfügung ge- 
troffen wird.“ 
Reichsseuchengesetz $& 46. 
„Mit Geldstrafe bis zu 150 M. oder 
mit Haft wird, sofern nicht nach den 
bestehenden gesetzlichen Bestimmungen 
eine höhere Strafe verwirkt ist, bestraft: 
1. wer den im Falle des $9 von dem 
beamteten Arzte . getroffenen An- 
ordnungen zuwiderhandelt.“ 
Beide Bestimmungen stimmen fast wörtlich überein. 
  
P. Kreisarztgesetz $ 8. 
„Bei Gefahr im Verzuge kann der 
Kreisarzt. wenn ein vorheriges Benehmen 
mit der ÖOrtspolizeibehörde nicht an- 
gängig ist, die zur Verhütung, Fest- 
stellung, Abwehr und Unterdrückung 
einer gemeingefährlichen Krankheit er- 
forderlichen vorläufigen Anordnungen 
treffen. Diesen Anordnungen hat der 
Gemeindevorstand Folge zu leisten. 
„Die getroffenen vorläufigen Anord- 
nungen sınd den Beteiligten durch den 
Kreisarzt entweder zu Protokoll oder 
durch schriftliche Verfügung zu eröffnen. 
‚Die vorläufigen Anordnungen sind 
dem Landrat und der ÖOrtspolizeibe- 
hörde-sofort mitzuteilen. Sie bleiben so 
lange in Kraft, bis von der zuständigen 
Stelle anderweitig Verfügung getroffen 
wird. 
Wer den von dem Kreisarzt ge- 
troffenen vorläufigen Anordnungen zu- 
widerhandelt, wird, sofern nicht die 
Vorschrift des $ 327 des Reichsstraf- 
gesetzbuches Platz greift, mit Geldstrafe 
bis zu 150 M. oder mit Haft bestraft.“ 
Das Kreıs- 
arztgesetz geht nur über das Reichsseuchengesetz hinaus, indem es 
anordnet, daß der Kreisarzt seine vorläufigen Anordnungen nicht nur 
der Polizeibehörde, sondern auch den Beteiligten und dem Landrat 
schriftlich mitzuteilen hat. 
Durch &8 6 Abs. 1 P.G. werden diese Bestimmungen auch auf die 
Krankheiten des preußischen Seuchengesetzes — mit Ausnahme von 
Diphtherie, - Körnerkrankheit, Lungen- und Kehlkopftuberkulose und 
Scharlach — ausgedehnt. 
Die Vorschrift, daß der Kreisarzt seine vorläuigen Anordnungen 
den Betroffenen schriftlich zu geben hat, hat einen doppelten Zweck. 
Einmal soll dadurch jedes Mißverständnis ausgeschlossen, und die 
sichere Durchführung der Anordnungen gewährleistet werden; und 
zweitens soll die schriftliche Mitteilung verhindern, daß der Betroffene 
im Falle der Nichtdurchführung der Anordnung sich mit einem an- 
geblichen Mißverständnis entschuldigen kann. 
Daß der Kreisarzt außer dem Betroffenen auch die Ortspolizei-
	        
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