Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

  
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eines Riesenfräuleins von Nideck im Elsaß, deren Ältern hierher ge— 
zogen seien, ausgegeben wird. Diesen Gegenstand hat man auch der 
Rarität wegen in das Siegel der Stadt Nossen selbst mit aufgenommen. 
Erzählt wird von dem genannten Riesenfräulein, daß sie einst in Rhäsa 
einen auf dem Felde arbeitenden Bauer mit Pflug und Pferden in 
ihre Schürze nahm und ihrem Vater hineintrug. Auch soll sie öfter 
nach Haslau „in die Haselnüsse“ gegangen sein. — Die Rippe kam 
Anfang des 17. Jahrhunderts in die Königl. Kunstkammer nach Dres- 
den, 1657 aber wieder zurück nach Nossen. Nach einer andern Meinung 
wäre diese Rippe identisch mit der in Gold gefaßten Rippe der heiligen 
Katharina, welche zu den Reliquien des Klosters Altzella gehörte. 
237. In Kirchen ausgegrabene Riesengebeine. 
(Chr. Lehmann, Histor. Schauplatz, S. 759.) 
Im Jahre 1650 ließen die Grumbacher ihre Kirche erweitern und 
den Grund graben, da sie dann übermäßig große Gebeine mit Ver- 
wunderung ausgegraben. Anno 1652, als der Amtmann zu Wolken- 
stein, Johann Rechenberg, in der Kirche allda den kostbaren Altar von 
Marmor und Alabaster erbauen und dazu den Grund graben ließ, 
haben die Maurer riesenmäßige Menschenknochen angetroffen, von denen 
die Arme und Beine eine halbe Elle länger gewesen, als diejenigen 
gemeiner Mannspersonen. 
Ob die in den Kirchen zu Grumbach und Wolkenstein gefundenen großen 
Knochen wirklich menschliche Gebeine gewesen sind, erscheint als etwas fraglich, wenn 
man weiß, daß es allen Völkern gemeinsam zu sein scheint, die Knochen großer ur- 
weltlicher Tiere für menschliche Riesenknochen zu balten. S. auch E. Krause, Eras- 
mus Darwin, S. 208 und Perty, Anthropologie I., S. 13. Albin Kohn erzählt (die 
Natur 1878, No. 51), daß es in der Provinz Posen mehrere Kirchen giebt, in 
denen sich an Ketten aufgehängte fossile Mammutzähne finden, welche das Volk für die 
Rippen vorfündflutlicher Niesen hält; dieselben wurden in der Nähe der Orte gefun- 
den, in deren Kirchen sie sich jetzt befinden. Es läßt sich übrigens der Knochenkultus 
bis in die frühesten Zeiten zurück verfolgen; besonders waren es auch die Gebeine 
von Helden und Heiligen, welche man aufbewahrte und gegen Zerstörung zu schützen 
suchte, weil man ihnen Wunderkräfte beilegte. — Es könnte noch eine Deutung ver- 
sucht werden. Die Germanen veranstalteten zu Ehren ihres obersten Gottes Pferde- 
opfer, Pferde weissagten und die alten Sachsen steckten die Köpfe ihrer geschlachteten 
Rosse auf die Dächer ihrer Häuser. Dies sind Zeugnisse dafür, daß bei unsern deut- 
schen Vorfahren das Pferd ein ihren Gottheiten geweihtes Tier war. Damit hängt 
auch der Glaube in Däncmark zusammen, nach welchem unter jeder Kirche, welche 
gebaut wird, ein lebendes Pferd eingegraben werden müsse. Sollte man auch bei 
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