Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

  
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Plampatsch auf seiner Trompete und rief in trunkenem Frevelmute 
durch das offene Thor zum Kirchhof hinein: „Auf, auf! Ihr Faul— 
pelze! Heraus aus Euren Nestern! Heut ist Fasching! In der Stadt 
giebt es noch Besen genug, die nehmet zwischen die Beine und reitet 
mit! Hollah! Vorwärts!“ Gelächter der Umstehenden folgte, und der 
Trunkenbold stürzte vom Pferde, aber der Zug fuhr weiter, immer 
bis nach Komotau, obwohl ein Sturmwind unterwegs das Braut- 
paar und die Salzmäste und viele andere in den Schnee geworfen 
hatte. In Komotau trank man Glühwein, und die Heiterkeit wuchs, 
wenn dies noch möglich war. 
Allein als man zum Thore hinausfuhr, da hatte sich zu den 
drei Vorreitern noch ein vierter gesellt, einer aus Komotau, wie man 
wähnte. Doch seine Tracht war seltsam. Kohlschwarz vom Kopfe bis 
zu den Sporen, schwenkte er ein schwarzes Banner mit dem Bilde 
des Sensenmannes. Vielen aber war es recht unheimlich, wenn er 
rechts und links die Schlittenreihe auf= und absprengte und gewisser- 
maßen die Hochzeitsgäste zählte. Als es aber finster wurde, da 
sprühten sogar aus seiner Fahnenstange Funken und Flammen und 
die dampften und rochen wie Leichenfackeln. So ging es fort bis 
man wieder in Görkau vor den Kirchhof kam; da öffnete der Schwarze 
sein Visir, schlug den Plampatsch auf die Schulter und rief: „Nun 
kommt mit mir; wir zwei voran, die andern kommen nach!“ „Jesus, 
Marie!“ schrie der Plampatsch, als er den fleischlosen Totenschädel 
erblickte. Jener aber rief mit weithallender Stimme: „Heute war ich 
Euer Gast; zur künftigen Fasching seid Ihr alle meine Gäste!“ Sprachs 
und verschwand in Nacht und Gekrach. Die Fackel war verloschen. — 
Auf dem Tanzboden fand sich allmählich die helle Faschingslust 
wieder ein. Als man aber am folgenden Tage nach altem Herkommen 
den Fasching begraben wollte, da erscholl das Zügenglöcklein, und 
man erfuhr, daß der Plampatsch totkrank darniederliege. Drei Tage 
später lag er auf dem Kirchhof bei den Toten, die er zur Masken- 
hochzeit eingeladen hatte. Ihm folgte zuerst die Braut und eine 
Kränzeljungfer, dann ein Vorreiter, der Brautführer und der Bräuti- 
gam. Selten verging ein Tag, an dem die Totenglocke nicht erscholl, 
und ein Leichenzug folgte dem anderen. So dauerte es mit geringen 
Pausen ein volles Jahr, und nicht weniger als 450 Personen unter- 
lagen der schrecklichen Seuche. Am Faschingsonntage aber rief der 
Priester dem unglücklichen Volke zu: „Ja, Ihr sollt ausziehen, aber 
nicht in Larven und Maskeraden, sondern in Sack und Asche, in Buß- 
und Trauerkleidern!“ und so geschah es. Am Faschingsdienstage, da 
zog jung und alt, Mann und Weib, hoch und niedrig, in Trauerge- 
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