Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

  
Thu uns in Gnaden 
Behüten fein! 
Schicht! Schicht! 
Da ward plötzlich die ganze Strecke sonnenhell erleuchtet, und die 
erschrockenen Bergleute wußten nicht, wie ihnen geschah. Sie hörten 
aber eine Stimme: „Fürchtet Euch nicht, Ihr frommen Männer! 
Blicket auf zu mir, ich bin der Engel des Herrn, der Euer Gebet er— 
hört! Gehet eilends aus der Grube, denn diese findet heute ihren 
Untergang!“ 
Die Fünf blickten auf und sahen freilich nur auf einen einzigen 
kurzen Augenblick das milde Antlitz des Himmelsboten, und als sie 
ihm danken wollten, war er verschwunden. Heiliger Schauer durch- 
rieselte ihre Glieder, lautlos fuhren sie zu Tage, eilten zu den Ihrigen 
und dankten Gott für alle Gnaden mit Rührung und Andacht. Da 
krachte es auf einmal wie ungeheueres Gewitter vom Hengstenberge 
her, — der Bau war und blieb verschüttet. 
  
460. Das Mönchgesicht an der Kirche zu Schlettau. 
(Nach der poet. Bearbeitung von Ziehnert in Gräße, Sagenschatz rc. 
Nr. 520) 
An der östlichen Außenseite der Kirche zu Schlettau befindet sich 
etwa 8 Ellen von der Erde ein Stein in der Mauer, der angeblich, 
ohne von Menschenhänden bearbeitet zu sein, einem Mönchgesichte täu- 
schend ähnlich ist. Das Volk erzählt sich von demselben folgende wun- 
derbare Geschichte: Um das Jahr 1520 war Johannes Küttner (oder 
Kottne), ein Bruder des Grünhainer Abtes Georg Küttner, Pfarrer 
zu Schlettau. Da begab es sich, daß einst in stiller Mitternacht, als 
dieser noch eifrig in den Kirchenvätern studierte, ein bleicher Schatten 
vor ihn hintrat und also sprach: „Fürchte Dich nicht, ich bin der Geist 
eines Deiner Vorgänger, der vor nunmehr 100 Jahren, als die Hussiten 
in der Nähe waren, ein silbernes Crucisix um Mitternacht in die Kirch- 
mauer vergrub, wo es noch ist; ich ward am nächsten Morgen von den 
wilden Ketzern erschlagen und bin jetzt gekommen, um Dich aufzufordern, 
das heilige Kreuz wieder an seinen frühern Ort auf den Altar zu 
stellen; Du wirst den Fleck, wo es vermauert ist, leicht erkennen, denn 
es wird sich Deinem Auge ein Lichtschein zeigen und da, wo derselbe 
erglänzt, schlage ein, und Du wirst es sogleich entdecken!“ Damit ver- 
schwand der Geist, der fromme Pfarrer aber eilte in die Kapelle, wo 
der Sakristan ihn bereits zur Messe erwartete. Diesem teilte er das 
Erlebte mit und hieß ihn am folgenden Mittag mit Hammer und 
  
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