Jahnsgrün vor der Zeit des Hussitenkriegs stark bevölkert gewesen sei. Hier ist be-
sonders bemerkenswert, daß die Sage noch von zahlreichen anderen Glocken erzählt,
welche durch Schweine ausgewühlt wurden. Dahin gehören die große Glocke zu
Marienei und die Kirchenglocke zu Treuen, welche letztere ebenfalls brummt: „En
wille Sau ausgegrob'n, en Bettelmann gefunne“. (Köbler, Volksbrauch im Vogt-
lande, S. 605.) Ferner mögen die Lobesdorfer Glocke, in der viel Silber war, so
daß sie sich durch ihren schönen Klang auszeichnete (Größler, Sagen der Grasschaft
Mansfeld, No. 36.), die Glocken von See und Spree in der Lausitz (Haupt, a. a.
O., S. 403.), zu Blankensee, welche summt: „San fand jenen Sand“, und zu Görz-
dorf mit dem unmelodischen Tone: „Sony woillt us“Z (d. i. Sau wühlt aus), ge-
nannt sein.
Nork (Sitten u. Gebräuche 2c., S. 372.) versucht einen mythischen Zusam-
menhang zu finden, indem er meint, die Glocke, welche zuweilen aus Teichen und
Seen aufsteigt, sei wie die Nebelkappe auf dem Wasser (Odhins Hut) ein Symbol
für Stürme; ihr Tönen sei der heranbrausende Sturm. Er bringt damit die Be-
nennung „Sauzagel“ für Wirbelwind in Verbindung. Die Sau aber ist Finderin
der im Dunkeln verborgenen Gegenstände, sonst ein der Finsternis geweihtes und
darum als Juelschwein dem Lichtgott geopfertes Tier. (Haupt, a. a. O., No. 283 a.)
Ein goldenborstiger Eber, auf welchem Freir und Freia ritten, erhellte die Nacht taghell.
683. Die unterirdischen Glocken im Kranichsee.
(Mitgeteilt vom Lehrer Thuß in Tellerhäuser.)
Eine Viertelstunde von Weiters-Wiese liegt der Kranichsee, ein
gegen 2 Stunden im Umfang haltendes, mit der Sumpfkiefer bestan-
denes Hochmoor, in welchem sich die Quellenzuflüsse der Wilzsch, Pyra
und Rohlau befinden. Die Sage erzählt nun, daß auf dieser rauhen
Fläche einst eine Stadt gestanden habe, deren Bewohner so gottlos
waren, daß Gott zur Strafe die Stadt versinken ließ. Dies soll an
einem dritten Pfingstfeiertage geschehen sein, und noch will man jedes
Jahr an diesem Tage zu einer bestimmten Stunde die unterirdischen
Glocken der versunkenen Stadt läuten hören.
S. auch No. 493. Ahnliche Sagen auch anderwärts in Deutschland. Da,
wo jetzt der salzige See bei Mansfeld ist, stand einst eine Stadt, welche versunken
ist; man hört noch die Glocken in der Tiefe. (Größler, Sagen der Grasschaft Mans-
feld, No. 66.) Auf dem Gottesfelde, einer Wiese am Südabhange des Adlersberges
in Thüringen, soll ebenfalls eine Stadt gestanden haben, welche Gott versinken ließ,
weil die Einwohner gottlos waren. Hier hört man zwar nach der Sage nicht die
Glocken in der Tiefe klingen, aber von einem Schweine wurde einst auf dem Platze
eine Glocke ausgewühlt, welche jedoch, auch als man fie umgegossen hatte, einen
abscheulichen Klang gab. S. übrigens die Bemerkung zur vorhergehenden Sage.
(Richter, Deutscher Sagenschatz, 3. H., No. 18.)
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