Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

  
O- 
713. Die Befreiung der geraubten Prinzen Albert und Ernst. 
(Johann Vulpius, Plagium Kaufkungense, das ist: Der Chur-Fürstl. 
Sächß. Printzen durch Conrad (Curt, Cuntz) von Kauffungen, geschehene 
Entführung aus dem Schlosse zu Altenburg, wie sich solche Anno 
1455 zugetragen. Ohne Jahrzahl.) 
Nachdem Kunz von Kauffungen mit seinen Genossen in der Nacht 
vom 7. zum 8. Juli 1455 die beiden Prinzen Ernst und Albert aus 
dem Schlosse Altenburg geraubt hatte, setzte er den erst genannten 
Prinzen auf ein gut gesattelt Roß und führte ihn bei finsterer Nacht 
nach dem Lande Böhmen zu, erstlich durch die Leine, so ein Wald 
oder Holz bei Altenburg gelegen, ferner durch die Rabensteiner Wäl- 
der bis ohnfern Elterlein um die Gegend des Klosters Grünhain, da- 
hin er bei aufgehendem Mondschein gegen Morgen gekommen, ver- 
meinend, nun mit seinem hohen Gefangenen leicht vollends nach Böh- 
men zu gelangen. Die andern haben den Prinzen Ernst auch auf ein 
Roß gesetzt und zwischen sich einen andern Weg davon geführt, willens 
ihn durch das Vogt= und Frankenland durch einen andern Strich in 
ihre Gewahrsam zu bringen; denn sie hatten sich dessen zuvor mit 
einander verglichen, diesen Raub durch unterschiedliche Wege wegzubrin- 
gen, und obschon ein Teil mit seinem Prinzen ergriffen würde, so sollte 
doch der andere Teil seinen gefangenen Herrn nicht eher von sich 
geben, es wäre ihnen denn allen das Leben und Straffreiheit zugesagt. 
Unterdessen ist auf dem Schlosse zu Altenburg ein groß Wehkla- 
gen, bei den Hofleuten aber ein großer Schrecken entstanden. Man 
hat es durch einen Eilboten gen Leipzig dem Kurfürsten zu wissen ge- 
than, dem anfänglich diese That fast unglaublich vorgekommen. So 
haben die Hofleute auch nicht gesäumt, sondern von Stund an in alle 
Gegenden geschicket, sind auch zum Teil selbst ausgerittten, den Sturm- 
schlag in allen Städten und Dörfern angehen zu lassen, dadurch das 
ganze Land rege geworden, sintemal immer eines dem andern auf 
frischem Fuße gefolget, auch den Nachbarn zu wissen gethan, und alle 
Straßen beleget. Im Städtlein Geyer ist von den heftigen Glocken- 
schlägen über diesem Sturme die Glocke zersprungen. Solchen Sturm- 
schlag und Nacheilen hat Kunz von Kauffungen wohl gehöret, weil er 
aber bei Mittagszeit den Wald erreichet, verhoffte er leichtlich davon 
zu kommen. Da er nun nicht über eine halbe Meile bis zur böhmi- 
schen Grenze gehabt, hat es Gott sonderlich geschickt, daß den jungen 
Herrn, Herzog Albrechten (Albert) sehr gehungert und gedürstet, wel- 
ches er Kunzen mit den Worten beklagt: Wo er nicht zu essen und zu 
i bekäme, würde er Krankheit halber nicht weiter kommen können, 
– 
617
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.