Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

eingeschlafen. Hierauf wurde ihm das Bette vom Leibe gezogen, worüber 
er auffuhr und nach dem Kinde schrie, welches sie leider aus dem 
Kißchen ganz bloß auf dem Gesichte liegend tot fanden. Als nach 
dessen Beerdigung der Mann wieder an seine Arbeit im Kohlenhau 
gegangen und seines Bruders Weib des Nachts bis zu seiner Wieder— 
kunft dazubleiben vermocht hatte, so hat sich zur Nacht zwischen 11 und 
12 Uhr etwas an dem untern Bettbret angegeben, damit geknacket, 
ist endlich gar ins Bett gefallen, daß es ganz schwer geworden, und 
da sie ihre schlafende Schwägerin aufgeweckt, habe das Ungetüm ge— 
sagt: „Harre, ich will Dir Deinen Rest schon geben!“ Womit es weg— 
gekommen, und hatte sie es ordentlich auf dem Stroh hingehen hören, 
und der Hund hatte es gemerkt und sehr gewinselt. 
  
86. Das schwarze Männchen auf dem Gottesacker in Schneeberg. 
(Mündlich.) 
Auf dem Gottesacker in Schneeberg ist früher am Tage ein 
schwarzes Männchen gesehen worden, welches ein Buch in der Hand 
hatte. Eines Tages erblickte es auch der Totengräber; derselbe er— 
schrak darüber so sehr, daß er bald darauf starb. 
  
87. Der Schamprich zu Nossen. 
(Jugenderinnerung eines geborenen Nosseners.) 
Auf dem Fußwege, der an der Südseite des Schloßberges von 
der Unterstadt (dem früher sogenannten „Loch“) nach der Oberstadt 
führt, trieb noch vor fünfzig Jahren ein Spukgeist, der Schamprich, 
sein Wesen. Er pflegte sich des Nachts den Leuten am Anfange des 
Weges nach einigen Schritten „aufzuhucken“ und sich den Berg hinauf 
bis zum Stumpfe einer großen Eiche tragen zu lassen, wobei die Last 
immer schwerer wurde. Mit dem Neubau der Dresdner Straße, bei 
der auch der obere Teil des Weges in Wegfall kam, ist er verschwun— 
den. Der Eichenstumpf befand sich gegenüber dem dicken runden Eck— 
turme, in welchem Lips Tullian einige Zeit verwahrt worden sein soll, 
links am Wege. 
In früherer Zeit mußte der Stadtnachtwächter am nördlichen 
Schloßgraben entlang gehen und von der äußersten Bergecke aus, an 
der sogenannten Dechanei, die Stunde abtuten. Da hat er einmal 
in einer Winternacht von unsichtbarer Hand eine Ohrfeige bekommen, 
daß ihm die Pelzmütze den Berg hinabrollte. Er schrieb den Schaber- 
nack dem Schamprich zu. 
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