Full text: Lesebuch zur Geschichte Bayerns.

4. Das Land im Dämmerlichte der Geschichte. 21 
Auch von Kunstwerken, mit denen sich der reiche und gebildete Römer 
gern umgab und wovon gewiß auch in die Grenzprovinz manches gelangte, 
haben sich nur wenige Bruchstücke erhalten (Statuenreste, Skulpturen, Bronzey), 
die jetzt in den Museen aufbewahrt sind. lberhaupt ist von italischem Import 
wenig zum Vorschein gekommen; die meisten Überreste gehören einheimischen 
provinzialen Erzeugnissen an. 
Die gewöhnlichen Wohnhäuser waren nicht hoch, wahrscheinlich kaum mit 
einem Obergeschoß versehen. Jedes hatte aber mindestens ein heizbares Ge- 
mach, dessen Erwärmung aber nicht oberirdisch durch Ofen, sondern durch 
Leitung der Wärme in die Seitenwände und den Fußboden von unten geschah 
(Hypokaustensystem). Die Wände waren zu diesem Behufe mit hohlen Kacheln 
verkleidet, über welche erst der Verputz kam. Die Zimmer waren mit Wand- 
malereien (Arabesken, selten Figuren) geschmückt, der Fußboden, meist Estrich, 
war manchmal auch mit Mosaiken geziert. Die Zimmer hatten Fenster mit 
Glastafeln in Eisenrahmen. Man hatte keine großen Wohnräume, schon wegen 
der Schwierigkeit der Beheizung. Die Türen waren von Holz mit eisernem 
Beschläge; Schlösser und Schlüssel sind vielfach erhalten. Die Häuser selbst 
waren nicht aus gebrannten Ziegelsteinen, sondern aus Feld= und Bruchsteinen 
in reicher Mörtelbettung gebaut. Ziegel verwendete man nur zum Bodenbelag, 
zu den Hypokausten und als Platten zum Dacheindecken. Bei dem Wohnhaus 
war meist getrennt von diesem ein Baderaum. 
Zahlreich sind im Schutt der Wohnhäuser die Überreste der häuslichen 
Gebrauchsgegenstände aller Art, besonders von Keller-, Küchen= und Tafel- 
geschirr, letzteres die sogenannten Sigillaten, hartgebranntes, rotes, mit Firnis 
überzogenes Tongeschirr in Becher-, Schalen= und Tellerform. Jedes Haus hatte 
davon einen großen Vorrat. In einer Abfallgrube eines römischen Hauses 
bei Friedberg am Lechrain konnten Reste von 168 verschiedenen Gefäßen erhoben 
werden. Außer Küchengeschirr aller Art, großen Vorratsbehältern für Flüssig- 
keiten kamen Reste feinen Tafelgeschirrs von roter und schwarzer Farbe mit 
Bildwerk und von niedlichen Toilettegefäßchen in allen Farben vor. Auch Glas- 
gefäße waren in Gebrauch. Aus Bronze und Eisen wurden Lampen, Glocken, 
Schlüssel, Messer, Gabeln, Seiher, Gefäßhenkel, Schnellwagen, Gewichte, 
Schreibgriffel, Scheren, Handwerkszeug aller Art, Garteninstrumente, Nadeln 
zum Netstricken u. s. w. fast bei jedem Wohnhaus gefunden. An landwirtschaft- 
lichem Inventar fanden sich in ausgegrabenen Meierhöfen: Wagenbestandteile 
und Pferdegeschirr aller Art, Sensen und Sicheln, Kuhglocken, Radschuhe, 
Ketten, Pflugeisen u. s. w. Die römischen Muster vieler dieser Gegenstände 
blieben für das Mittelalter und selbst für unsere Zeit vorbildlich. 
Auch an Körperschmuck ergaben die Hausfunde reicheres Material als 
die Gräberfunde. Es sind bei uns zwar keine so kostbaren Schmucksachen 
zutage gekommen wie vielfach in Gallien und am Rhein, immerhin legen 
auch bei uns einzelne Funde von Fibeln, Armreifen, Nadeln, Fingerringen
	        
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