76. König Ludwigs I. Jugendzeit und Lehrjahre. 413
Und zürnst du noch, wenn trunken ein Dichter dir
Ausgießt des Lobes Weihungen? Zwar es sind
Nur Tropfen Taus, doch deine Sonne
Macht sie zu farbigen Regenbogen.
Pergib, o Herr, dem Dichter, der ohne dich
Verlassen stünde, fremd in der Zeit und stumm:
Dein fürstlich Dasein löst den Knoten
Seiner verworrenen Lebensrätsel.
76. König Ludwigs l. Jugendzeit und Lehrjahre.
Von Karl Theodor von Heigel.))
„Das sollte mir die teuerste Siegesfeier sein, wenn diese Stadt, in der
ich geboren bin, wieder eine deutsche Stadt sein würde!“
Dies patriotische Wort wurde von dem bayerischen Kurprinzen Ludwig
im Jahre 1805 zu Straßburg gesprochen, als dort Kaiserin Josephine ihr
Hoflager hielt und die französischen Erfolge in Süddeutschland durch glänzende
Feste feierte. Sein Wunsch aber galt dem schönen Straßburg und schmerz-
lich ist's, daß der Fürst den Tag nicht mehr sah, an welchem jener Traum
seiner Jugend in Erfüllung ging und wieder deutsche Fahnen vom Münster
wehten.
Es steht zu Straßburg ein stattlicher Palast im Renaissancestil, der
Zweibrücker Hof genannt, mit seinen Fassaden nach der Promenade le Broglie
und der Brandgasse gekehrt. Hier wohnte Herzog Maximilian von Pfalz-
Zweibrücken, während er als Oberst des Regiments d'Alsace sich in Straßburg
aufhielt, und in diesem Hause erblickte sein erstgeborner Sohn Ludwig Karl
August am 25. August 1786 das Licht der Welt.
König Ludwig XVI. von Frankreich und der regierende Herzog von
Zweibrücken Karl August waren seine Paten. Die Geburt des Prinzen wurde
um so freudiger in der Pfalz wie in Bayern begrüßt, als sie die Zukunft des
Fürstenhauses sicherte; denn Karl Theodor wie der regierende Herzog von
Zweibrücken waren kinderlos. Allenthalben wurden Festlichkeiten veranstaltet
und herzlich gemeinte Jubelreden gehalten. Einer der Festredner in Heidel-
berg war Jung-Stilling. Die Stadt München entsandte eine Bürgerdeputation
an den glücklichen Vater. Der nahm die Segenswünsche sehr gnädig entgegen,
hob den Prinzen selbst aus der Wiege und legte ihn einem der Bürger in die
Arme. „Sagt den Euern zu Hause," sprach er, „daß ich sie nicht minder
liebe wie diesen meinen Sohn!“
Die Nachrichten über Ludwigs Mutter, Augusta, jüngste Tochter des
Landgrafen Georg von Hessen-Darmstadt, sind nur spärlich, aber überein-
„Ludwig I., König von Bayern“, S. 1 ff. Leipzig 1872, Dunker & Humblot.