Full text: Lesebuch zur Geschichte Bayerns.

416 76. König Ludwigs I. Jugendzeit und Lehrjahre. 
und Liebhabereien der Jugend zurückreicht. Der Gedanke zur Verewigung 
der Verdienste großer Männer einen Ehrentempel zu bauen erwachte schon in 
dem Knaben. Als Ludwig einst mit Sambuga von einer Spazierfahrt nach 
Schwetzingen zurückkehrte, fragte er seinen Erzieher, ob es denn einem edeln 
Fürsten erlaubt sei so große Summen für sein Vergnügen aufzuwenden, da 
es ja doch so viele Arme gäbe. Sambuga erwiderte, die Vernunft habe nichts 
dagegen einzuwenden, wenn Fürsten ihr eigenes Geld für die Liebhabereien 
verausgaben; es sei aber doch jedenfalls der Frage wert, ob nicht in den 
Hallen einer Fürstenwohnung die Bildnisse eines Friedrich des Siegreichen, 
eines Rupert und anderer verdienter Männer des Vaterlands besser ständen 
als mythologische Figuren. Der Prinz horchte gespannt auf und blieb dann 
schweigsam, als ob ein Gedanke in ihm zur Reife käme. Er zeigte für Geschichte 
entschiedene Vorliebe. Als er später mit Johannes Müller persönlich bekannt 
wurde, war dieser ersiaunt über das ausgebreitete historische Wissen des Prinzen. 
UÜbrigens scheint Sambugas Beispiel auch auf die barocke Schreibweise 
Ludwigs bestimmend eingewirkt zu haben; wenigstens wurde auch gegen ihn 
der Vorwurf wirren Durcheinanderschiebens der Worte und Sätze erhoben. 
Mit Sambuga teilte sich Kirschbaum, früher Lehrer des Staatsrechts 
an der Hochschule zu Straßburg, in die Unterrichtsstunden. Er machte sich 
auch besonders um die Weckung des Kunstsinns in seinem Zögling verdient. 
Die stillen Lehrstunden zu Rohrbach an der Bergstraße wurden plötzlich 
durch die Berufung des Herzogs von Zweibrücken auf den bayerisch-pfälzischen 
Kurstuhl nach dem Tode des kinderlosen Karl Theodor unterbrochen. Am 
6. März 1799 zog Kurprinz Ludwig mit seinen Geschwistern in der Landes- 
hauptstadt München ein. Der Empfang vonseiten der Bürgerschaft war herzlich, 
obwohl man sonst den „Fremden“ nicht gerade geneigt war. 
München an der Grenzscheide des 18. Jahrhunderts! Alle jene Stadt- 
teile, die in der Folge glänzenden Neubauten weichen mußten, wurden vorher 
auf Befehl des königlichen Bauherrn ausgenommen und diese Gemälde, die 
in den Kabinetten der Neuen Pinakothek Platz fanden, geben uns noch ein 
treues Bild von Altmünchen, der behäbigen, leichtlebigen Ackerstadt. Durch 
einige treffliche Bauten und Kunstwerke, namentlich aus dem 17. Jahrhundert, 
hatte der Name München in der Geschichte der Künste guten Klang gewonnen, 
im vorigen Jahrhundert aber hatte die Entwickelung der Stadt fast gar keine 
Fortschritte gemacht. Wer hätte geahnt, welch großartige Veränderungen der 
blasse, schmächtige Prinz, der an der Seite des Vaters durch die engen und 
krummen Straßen Münchens fuhr, in dieser Stadt hervorrufen werde, so daß 
das unbeachtete Nazareih am Aufschwung der nationalen Kunst ruhmvollsten 
Anteil gewann! 
Im Mai 1803 bezog Ludwig die Landesuniversität Landshut. Kirschbaum 
und Sambuga begleiteten ihn. Seine Tätigkeit und sein Lerneifer wurden 
allgemein rühmend erwähnt. Von seiner frühesten Jugend bis in seine Greisen-
	        
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