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höchst befriedigt und dieser Sieg half ihnen sogar über die Bestürzung hin-
weg, welche die Kapitulation von Metz (27. Oktober) hervorgerufen hatte.
So viel hatten sie auch wirklich erreicht: die Loirearmee, an deren Wert
viele nicht hatten glauben wollen, war eine Tatsache geworden, mit der ernst-
lich gerechnet werden mußte. Die deutsche Heeresleitung hatte mit den größten
Schwierigkeiten zu kämpfen; Paris fesselte zu viele Kräfte, während fort-
während ringsum neue Armeen aus der Erde schossen. Es war die höchste
Zeit, daß Metz fiel, sonst wurde die weitere Belagerung der Hauptstadt in
Frage gestellt.
126. Eine gefährliche Eisenbahnfahrt.
Von Adolf von Erhard.K½)
Von der Eisenbahn-Geniekompagnie des Genie-Regiments (heute 1. und
2. Pionier-Bataillon), die selbst zur bayerischen „Feldeisenbahn-Abteilung“ ge-
hörte, war ein Detachement in der Stärke von 3 Unteroffizieren und 36 Mann
am 14. Oktober 1870 zu Bahnhofsarbeiten in Etampes zurückgeblieben,
am 22. in Orléans eingetroffen um daselbst bis 9. November den Betrieb
auf der Strecke Orléans-Juvisy zu leiten und vereinigte sich erst nach ver-
schiedenartigen Verwendungen am 20. Januar 1871 wieder mit der Abteilung.
Kaum graute der Morgen des 9. November, so begannen die Geschütze
bei Coulmiers zu spielen und bald ließ der ununterbrochene Donner der
Kanonen auch in Orléans erkennen, wie heftig im Westen der Stadt um den
Sieg gerungen wurde. Von der großen Übermacht der entgegenstehenden
französischen Loirearmee hatte man in den uneingeweihten Kreisen keine Ahnung,
wohl aber zeigten die freudigen Mienen der gut unterrichteten Stadtbewohner
und deren plötzlich schroff hervortretendes, feindseliges Gebahren gegen die
noch anwesenden Deutschen, welchen Hoffnungen sie sich hingaben.
Von dem Generalstabschef des 1. bayerischen Armeekorps von Hein-
leth war der Feldeisenbahn-Abteilung morgens der Befehl übermittelt worden,
den ganzen im Bahnhof von Orléans vorhandenen Fahrpark zum Rückzug in
der Richtung gegen Paris bereit zu halten und sobald die Meldung erfolge,
daß auch die letzte Kompagnie des Infanterie-Leibregiments, welche am Vor-
nicht möglich war, — der Eindruck, daß man bei Nacht, in Schnee und Regen, still, ohne
Signale zurückmarschierte, ließ sich nicht verwischen und, gestehen wir es ein, das Bewußt-
sein, daß gerade uns Bayern dies passieren mußte, milderte diesen fatalen Eindruck eben
nicht.“ Vgl. Hugo Helvig „Das 1. bayerische Armeekorps von der Tann im Kriege
1870/71.“ S. 207. München 1872, R. Oldenbourg.
„General von der Tann hatte sich mit Geschick und Glück einer mißlichen Lage
entzogen; eine Verfolgung fand überhaupt nicht statt.“ Moltke a. a. O. S. 127.
1) „Bayerische Einzeltaten und Gefechtsbilder aus dem Deutsch-Französischen Kriege
1870/71.“ Nr. 15, S. 47. München 1899, J. Lindauer.