127. Ergebnisse der Schlacht von Orléans am 3. und 4. Dezember. 605
Landstraße mit Taschentüchern und Gewehren, trotzdem ganze Truppenabtei-
lungen stehen blieben vor Verwunderung über das unsinnige Beginnen im
tollen Jagen in Feindesrachen zu rennen. Nichts hielt den Ingenieur und.
seine Begleiter mehr auf, der Bahnhof war in Sicht, von französischem Militär
nichts zu bemerken; daher ward mit gemäßigter Geschwindigkeit in den einsam
und verlassen daliegenden Bahnhof eingefahren, die Maschine vor den Zug
gelegt und angekoppelt. Zurück geht es mit dem Zuge an den Augen der
eben noch so besorgten Leute an der Landstraße vorüber. Nach weniger als
einer halben Stunde befand sich auch dieser Zug zu Toury in Sicherheit und das.
Detachement konnte stolz sein, die bei dem Rückzuge von Orléans ihm zuge-
wiesene Aufgabe trotz der schwierigsten Umstände voll und ganz erledigt zu
haben.
127. Ergebnisse der Schlacht von Orléans
am 3. und 4. Dezember.
Von Hermann Kunz.1)
Die Ergebnisse der zweitägigen Schlacht von Orléans waren glänzend,
die eigenen Verluste der Sieger dabei gering zu nennen. Der Haupterfolg
der Schlacht liegt aber nicht in der Masse der gemachten Gefangenen und der
eroberten Geschütze, sondern in der Zersprengung der französischen Loirearmee
und in dem großen Niedergang des moralischen Elements bei den Franzosen.
Nicht leicht dürfte es schärfere Gegensätze in der moralischen Verfassung
eines und desselben Heeres geben, wie wir sie bei der Loirearmee binnen
weniger Tage feststellen konnten. Am 1. Dezember gingen die Massen dieses
Heeres mit frohester Siegeszuversicht vorwärts, begeistert durch die Lügen-
proklamationen Gambettas, stolz auf die angeblichen Erfolge der Pariser
Armee, begierig darauf es den Pariser Kameraden gleichzutun. Heitere
Fröhlichkeit herrschte vor, die berühmte #gaité gauloise, auf welche die
Franzosen nicht ohne Grund stolz sind, spiegelte sich auf den Gesichtern der
Tausende ab, die bei Villepion in den Kampf zogen. Als nun gar noch ein
Sieg die Anstrengungen dieses Tages lohnte, da gab es kein Halten mehr.
Jetzt war nur noch von Enthusiasmus die Rede. Man fürchtete ordentlich,
die verhaßten „Prussiens würden sich dem gallischen Ansturme noch recht-
zeitig entziehen und dadurch einer Niederlage entgehen. Aber der Erfolg
war sicher; wehe dem, der etwa daran gezweifelt hätte! Wer aber gar ge-
wagt hätte solche Zweifel auszusprechen, den hätte man einfach für einen
Verräter gehalten.
So war die Stimmung am Morgen des 2. Dezember, am Jahrestage
der Schlacht von Austerlitz.
„Die Schlacht von Orléans“, S. 239. Berlin 1894, Mittler.