Kaum irgendeine nennenswerte Stadt des Königreichs
blieb im Laufe des Jahres ohne die Gelegenheit, den Lan-
desherrn in ihren Mauern begrüßen zu dürfen. Bei keinem
der zahlreichen Empfänge wurde König Friedrich August müde
in dem Bestreben, jedermann zu zeigen, wie er für Handel
und Wandel, für hoch und niedrig, für die Betätigung
jeglichen Gewerbefleißes, für Handwerk und Vereinswesen
warmes väterliches Interesse habe. Immer mit gleicher
Huld hörte er die hundert und mehr poetischer Reimereien
an, die in Verbindung mit Blumengaben allezeit die Ein-
leitung solchen Empfanges bildeten, an zahllosen Fronten von
Kriegervereinen schritt er vorüber, stets ein huldvolles Wort
für einzelne findend. Wie oft hat er gedankt für die An—
sprachen, die nicht selten in gewisser Einförmigkeit wieder-
holten, was eines Redners bei solcher Aufgabe gegebener
Gedankengang ist. — Wo es nur Ort und Gelegenheit gab,
versäumte der König niemals, sich dankbar früherer Empfänge
zu erinnern, immer hatte er eine gnädige Anerkennung,
hier für die Schönheit des Ortsschmuckes, dort für die
Wärme der ihm gewordenen Aufnahme. Nicht selten klangen
auch humoristische Noten durch, wo der Aufmerksamkeit des
Königs ein Moment nicht entging, das zu launiger Be-
merkung Anlaß bot. Man hat es als einen gewissen Grad-
messer der Populärität angesehen, wenn von einem auf
den Höhen der Menschheit Stehenden recht viel Anekdoten
oder Scherzworte verbreitet werden.
Nicht immer ist es nötig, daß das Erzählte sich
genau so. zutrug, oft sind folch kleine Wesenszüge, solch
frohe Bonmots selbst nur erfunden, aber schon der Um-
stand, daß sie von Mund zu Mund gehen, bekundet die
Popularität. —
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