Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Zweiter Band. (2)

8 67a. Das Reichsland. Die Stimmen im Bundesrat. 241 
bedurfte dies keiner Erklärung, da Art. 9 und 10 nicht von Bundes- 
gliedern oder Bundesstaaten, sondern von Mitgliedern des Bundesrates 
sprechen. Das gleiche gilt von Art. 15 Abs. 2; Art. 16. 
8. Der Grundsatz, daß Elsaß-Lothringen als Bundesstaat gilt, ist 
auf die Art. 6 Abs. 2, 7 und 8 der Reichsverfassung beschränkt; er 
gilt also nicht für die in den anderen Artikeln der Reichsverfassung 
enthaltenen Vorschriften über die Rechte und Pflichten der Bundes- 
staaten. Im einzelnen ist darüber folgendes zu bemerken. 
a) Zu Art. 1. Gebiet. Grenzregulierungen und andere Verände- 
rungen des Gebiets von Elsaß-Lothringen können durch ein Reichs- 
gesetz genehmigt werden, ohne daß es eines elsaß-lothringischen Lan- 
desgesetzes dazu bedarf. Vergl. Bd. I S. 200. Das Reichsgesetz würde 
auch nicht an einem Veto von 14 Bundesratsstimmen scheitern, da 
das Vereinigungsgesetz nicht zu einem Bestandteil der Verfassungs- 
urkunde des Reichs gemacht worden ist!); die Stimmen Elsaß-Loth- 
ringens würden aber bei der Berechnung der Majorität gezählt werden. 
b) Zu Art. 3. Indigenat. Da dieser Artikel durch das Gesetz vom 
9. Juni 1871 S 2 in Elsaß-Lothringen sofort in Wirksamkeit getreten 
ist, so steht das Reichsland in dieser Hinsicht den Bundesstaaten gleich. 
Zu Art. 14. Berufung des Bundesrats. Bei der Berechnung des 
Drittels der Stimmenzahl, welches jetzt 21 beträgt, sind die elsaß-loth- 
ringischen Stimmen zu zählen. 
Art.:18 Abs. 2 hat seine Anwendbarkeit verloren. 
Zu Ärt. 19 Abs. 1. Bundesexekution. Diese Vorschrift ist auf 
das Reichsland nicht anwendbar; eine Exekution des Reichs gegen 
das Reichsland wäre eine Exekution des Reichs gegen sich selbst. 
Nur Bundesglieder, welche dem Reiche gegenüber eine selbständige 
staatliche Existenz, eine eigene Persönlichkeit haben, können zur Er- 
füllung ihrer verfassungsmäßigen Bundespflichten im Wege der Exe- 
kution angehalten werden, nicht aber das Reichsland, welches sich 
schon in seinem normalen Rechtszustand in derjenigen Lage befindet, 
in die ein Bundesglied erst gebracht werden würde, wenn die Exe- 
kution bis zu ihrem äußersten Grade gegen dasselbe zum Vollzuge 
käme. Da der Kaiser jederzeit den Statthalter, den Staatssekretär und 
die Unterstaatssekretäre abberufen kann, so bedarfes keiner »Exekution«. 
Wenn man aber den Fall als einen abstrakt möglichen sich denkt, 
daß der Kaiser selbst in Ausübung der Staatsgewalt über Elsaß-Loth- 
ringen die Bundespflichten verletzen könnte, so müßte der Kaiser die 
Exekution gegen sich selbst vollstrecken, was absurd ist. 
Art. 33, Zollgebiet, ist bereits am 1. Januar 1872 in Elsaß-Loth- 
ringen eingeführt worden und das Reichsland dadurch den Bundes- 
staaten hinsichtlich der im VI Abschnitt der Reichsverfassung enthal- 
tenen Vorschriften gleichgestellt worden. Die Besteuerung des in- 
1) Hinsichtlich der Gebiete der in Art. 1 aufgeführten Staaten gilt das Gegen- 
teil; siehe oben S. 161.
	        
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