298 $ 70. Die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete.
Die Gouvernementsräte haben nur zu begutachten; an ihre Beschlüsse
ist der Gouverneur nicht gebunden; zur Beratung sollen aber dem
Gouvernementsrat vorgelegt werden die Vorschläge für den Etat des
Schutzgebietes und die Entwürfe von Verordnungen, soweit sie nicht
nur von örtlicher Bedeutung sind.
Besondere Regeln gelten für Kiautschou. — Die Stellung des
Gouverneurs ist eine andere als in den übrigen Schutzgebieten, weil er
immer ein Seeoffizier sein muß und in allen Angelegenheiten nicht
dem Kolonialamt, sondern dem Marineamt unterstellt ist‘), Ihm zur
Seite steht ein Zivilkommissar für die Zivilverwaltung. Die jetzt gel-
tenden Vorschriften über den Gouvernementsrat sind in der Ver-
ordnung vom 14. März 1907 enthalten’). Er besteht aus dem
Gouverneur, dem Chef des Admiralstabes, dem Zivilkommissar, dem
Kommissar für chinesische Angelegenheiten, dem Indendanten und
Arzt des Gouvernements und dem Baudirektor; ferner aus drei Ver-
tretern der Bürgerschaft, von denen einer von den Inhabern oder
Vertretern der eingetragenen Firmen aus ihrer Mitte, der zweite von
den im Grundbuche eingetragenen Grundeigentümern, die jährlich
mindestens 50 Dollar Grundsteuern zu entrichten haben, aus ihrer
Mitte, der dritte vom Vorstande der Handelskammer gewählt und vom
Gouverneur in den Rat berufen wird. Außerdem hat der Gouverneur
noch einen Vertreter der Bürgerschaft zu ernennen. Die Amtsperiode
beträgt zwei Jahre; das Amt ist ein unbesoldetes Ehrenamt.
Verschieden vom Gouvernementsrat ist das »Chinesische Komi-
tee°). Es ist ein aus 12 Mitgliedern bestehender Beirat der Schutzge-
bietsverwaltung in chinesischen Angelegenheiten. Die Mitglieder sind
chinesische Kaufleute, welche im Schutzgebiet ein Geschäft betreiben
und Grundbesitz haben.
2. Die Schutzgebiete sind in Bezirke eingeteilt, welche von Be-
zirksämtern verwaltet werden, an deren Spitze der Bezirks-
amtmann steht. Ihnen liegt die ganze örtliche Verwaltung unter
der Oberleitung des Gouverneurs ob und sie sind mit der dazu erfor-
derlichen Polizeigewalt ausgestattet. Der Reichskanzler und mit seiner
Zustimmung der Gouverneur können sie ermächtigen, zur Durchfüh-
rung von Anordnungen, die die Behörden selbst oder die ihnen vor-
gesetzten Instanzen in rechtmäßiger Ausübung der obrigkeitlichen Ge-
walt getroffen haben, Zwangsmittel anzuwenden . Auch kann der
Reichskanzler auf Grund des Schutzgebietsgesetzes $15 Abs. 3 diesen Be-
Landesbeamte; das Kolonialbeamtengesetz findet auf sie keine Anwendung. Es be-
steht keine gesetzliche Verpflichtung das Amt anzunehmen.
1) Verordn. vom 1. März 1898, Ziff. 1. Verordn. vom 27. Jan. 1898 (RGBl. S. 173).
2) v. Hoffmann S. 109.
3) Verordn. vom 15. April 1902. v. Hofimann S. 134.
4) Die näheren Vorschriften darüber enthält die Kaiserl. Verordn. vom 14. Juli
1905, $ 8 ff. (Reichsgesetzbl. S. 719). Sie findet auf Kiautschou keine Anwendung.