162 8 106. Die gesetzliche Wehrpflicht.
Wehrpflichtigen nicht nur von dem Anspruch auf Lohn- auf Grund
eines Dienstmietevertrages, sondern auch von dem Anspruch der Be-
amten. Denn, wenn auch die Besoldung der letzteren ebenfalls den
Charakter der Alimentierung, nicht den der Lohnzahlung hat!), so
beruht doch der Anspruch auf Gewährung derselben auf einem Ver-
trage und er bildet das Aequivalent für Leistungen, zu denen der Be-
amte nicht kraft Rechtssatzes, sondern kraft freiwilliger Uebernahme
verbunden ist. Deshalb steht den Beamten auch für die Geltend-
machung dieser Ansprüche der Weg der Klage vor den Gerichten
offen und der ihnen zugesicherte Gehalt kann von Rechts wegen gegen
ihren Willen nicht herabgesetzt werden. Der Wehrpflichtige dagegen
erfüllt durch Leistung des aktiven Dienstes eine gesetzliche Unter-
tanenpflicht, die ihm auch ohne seinen Willen obliegt, und demgemäß
empfängt er in völlig passiver Weise die Verpflegung seitens des
Staates nach dessen freiem Ermessen. Der Anspruch des Wehrpflich-
tigen auf Unterhalt hat demnach nicht den Charakter eines vermö-
gensrechtlichen subjektiven Rechts und der Fiskus ist nicht zivil-
rechtlich obligiert. Die Verpflegung der dienstpflichtigen Mannschaften
des Heeres und der Marine hat vielmehr durchaus den Charakter
einer Verwaltungstätigkeit des Staates. Es schließt dies nicht
aus, daß sie nicht teilweise durch Vorschriften geregelt ist, die in der
Form der Gesetzgebung ergangen sind, und insbesondere findet die
Rechtswirkung des Staatshaushaltsetats auch hier ihre volle Anwen-
dung.
Die Fürsorge für die Lebensbedürfnisse der Mannschaften erfolgt
teils in der Gestalt der Naturalverpflegung, teils durch Geldgewährung.
Dieselbe erstreckt sich auch auf die Märsche der ausgehobenen Re-
kruten zum Truppenteil und der entlassenen Wehrpflichtigen vom
Truppenteil, ferner auf Krankheitsfälle, auf die Zeit der Verbüßung
einer Gefängnis-, Haft- oder Arreststrafe; dagegen erhalten Wehrpflich-
tige, während sie auf Urlaub sind, keine Löhnung?).
3. Beginn und Ende der aktiven Dienstpflicht.
Nach Art. 59 der Reichsverfassung hat jeder wehrfähige Deutsche
den Dienst im stehenden Heere bei den Fahnen in der Regel vom
vollendeten 20. Lebensjahre an zu leisten. Dieser Grundsatz hat aber
durch die Reichsgesetzgebung hinsichtlich der Ausführung aus techni-
schen Gründen einige Modifikationen erfahren.
1) Vgl. oben Bd. 1, S. 500 fg.
2) Die näheren Vorschriften über die Verpflegung der Truppen sind in mehreren,
zum Teil sehr umfangreichen Reglements enthalten, die durch königl. Kabinetts-
ordre genehmigt und im Armeeverordnungsblatt verkündet sind, die aber fortwährend
durch spezielle Kabinettsordres abgeändert oder ergänzt und durch Ministerialreskripte
erläutert werden. Eine vortreffliche Ausgabe und Bearbeitung dieses weitschichtigen
Materials enthält das umfangreiche Werk von v. Helldorff, Dienstvorschriften
der königl. preuß. Armee, 4 Bde., 3. Aufl. 1873ff. Diese Ausgabe ist aber bereits in
vielen Teilen veraltet.