Full text: Das Kaisertum in den Verfassungen des Deutschen Reiches vom 28. März 1849 und vom 16. April 1871.

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Von einem Institute wie dem Bundesrate der geltenden 
Reichsverfassung ist in der Verfassung der Paulskirche 
dagegen keine Rede‘°). Vielmehr übt nach $ 84 unter 
verfassungsmässiger Mitwirkung des Reichstags der 
Kaiser als „Träger“ der Reichsgewalt alle Rechte 
und Befugnisse, die dieser in der Verfassung beigelegt 
sind. Auch den Einzelstaaten gegenüber stehen also 
dem Kaiser diese Rechte zu, und er wird anderseits 
von den Einzelstaaten als solchen in keiner Weise in 
der Ausübung der ihm übertragenen Befugnisse be- 
schränkt. Das Verhältnis der einzelstaatlichen Organi- 
sationen gegenüber dem Kaiser ist daher rechtlich ledig- 
lich das der Untertanenschaft.e Demgegenüber steht 
nach der geltenden Reichsverfassung der Kaiser zwar 
als Organ des Reiches, soweit seine Rechte reichen, 
über dem einzelnen Staate, zumal auf dem Gebiete des 
militärischen Oberbefehls. Aber anderseits ist hier 
die Gesamtheit der Einzelstaaten als solche ent- 
sprechend der verfassungsmässigen Stellung des Bundes- 
rats dem Kaiser übergeordnet. Denn prinzipiell ist 
  
  
1848. I. Bd., S. 385 ff.) dem Entwurfe der Siebzehner zum Vor- 
wurf machten, dass er die deutschen Fürsten „zu blossen Vor- 
stehern der Landespolizeigewalt* erniedrige (S. 406 a. a.0O.), 
hätte man auch den Gesetzgebern der Paulskirche vorhalten 
können. In der Tat sind die „einzelnen deutschen Staa- 
ten“, deren staatliche Selbständigkeit der $5 der Verfassung 
scheinbar so sorgsam sich angelegen sein lässt, rechtlich 
nichts anderes als mit weitgehenden Selbstverwal- 
tungsrechten ausgestattete, in ihrer Behördenorga- 
nisation einem Staatswesen nachgebildete Provinzen 
des Reiches. 
40) Auch der in der 1. Lesung beschlossene und in der 
2. Lesung wieder gestrichene Reichsrat ist mit dem Bundesrat 
der geltenden Verfassung nicht entfernt zu vergleichen. Er 
wäre nichts mehr gewesen als eine begutachtende Minister- 
konferenz, eine Art sachverständiger Beirat oder dergleichen, je 
nach den Umständen. Ein votum decisivum war ihm versagt.
	        
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