Full text: Das Kaisertum in den Verfassungen des Deutschen Reiches vom 28. März 1849 und vom 16. April 1871.

_- 2 _ 
der Kaiser, das Bundespräsidium, verfassungsmässiges 
Organ der aus der Gesamtheit der deutschen Einzel- 
staaten gebildeten Reichs-Staateneinheit und hat dem- 
gemäss insbesondere den Gesetzesbefchl des Bundes- 
rats zu promulgieren, zu verkünden und seine Durch- 
führung zu überwachen !)). 
$ 17. b) Der Kaiser und die deutsche Volks- 
vertretung. 
Wie die prinzipielle Rechtsstellung des Kaisers 
in der geltenden Reichsverfassung ihre Erklärung findet 
durch das eigenartige Verhältnis des Kaisertums zu 
41) Der Verfassung der Paulskirche ist seinerzeit nament- 
lich von den deutschen Regierungen der Vorwurf gemacht 
worden, sie mediatisiere die Einzelstaaten durch die allzu 
erosse Kompetenz der Reichsgewalt. Das ist richtig, insofern 
als eine «rössere Kompetenz der Reichsgewalt naturgemäss die 
staatliche Bedeutung der Einzelstaaten als solcher herabmindert. 
Aber eigentlich als Staatswesen vernichtet werden in der Ver- 
fassung der Paulskirche die Einzelstaaten nur dadurch, dass 
sie als solche keinen entscheidenden Einfluss auf die Fest- 
stellung des Rteichsrechts haben. Das Gegenteil im Staatsrecht 
der geltenden lteichsverfassung zeigt das sehr deutlich. Erst 
dadurch, dass die Reichsterritorien als solche gänzlich los- 
gelöst sind von der Organisation der Staatsgewalt des über 
ihnen stehenden Reichs wie in der Verfassung von 1849, erst 
dadurch wird das Reich zum Finheitsstaate und werden die 
Einzelstaaten mediatisiert. Darum sind auch die partikularisti- 
schen Befürchtungen im neuen Deutschen Reiche, als ob man 
durch die zwar langsam aber unleugbar stetig voranschrei- 
tende Erweiterung der Reichskompetenz dem Einheitsstaate 
zusteuere, gänzlich unbegründet. Solange nach der Verfassung 
des Deutschen Reiches die Einzelstaaten, vertreten im Bundes- 
rat, in ihrer Gesamtheit dureh Mehrheitsbeschluss die wichtig- 
sten staatsrechtlichen Fragen des Reichs entscheiden, und zwar 
so, dass der Wille der Bundesratsmehrheit prinzipiell allein 
diese Fragen entscheidet, solange fehlt den erwähnten Befürch- 
tungen tatsächlich aller Grund.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.