3. Der deutsche Bund und die deutschen Einzelstaaten von 1815—1S66. 107
„weifelhaft hatte das Wehrsystem Deutschlands unter dem Bunde be-
(leutsame Fortschritte gemacht und viele Schäden der verkommenen
Reichskriegsverfassung glücklich überwunden. Aber diese tech-
nische Vervollkommnung der Kriegsverfassung hatte wenig Werth,
weil sie nicht getragen wurde von einer einheitlichen Leitung
der auswärtigen Angelegenheiten und einer einheitlichen Kriegs-
herrlichkeit. In der scheinbar einheitlichen Heeresverfassung des
Bundes waren alle centrifugalen politischen Kräfte latent, welche
zum Bürgerkriege und zur Auflösung des Bundes führten, als
sich seine Heeresverfassung zum ersten Male praktisch bewähren
sollte.
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Geschichte des deutschen Bundes von 1815 — 1848 !.
Fast anderthalb Jahre bestand der deutsche Bund olıne verfas-
sungsmässiges Organ. Erst am 5. November 1816 wurde die Bun-
desversammlung feierlich eröffnet. In der charakteristischen Er-
öffnungsrede des Präsidialgesandten (v. Meyer ILS. 26' sowie
in den ersten Verhandlungen und Arbeiten des Bundestages zeigten
sich offenbar Spuren patriotischer Gesinnung und redlicher Absicht,
so namentlich im Erlass der provisorischen Kompetenzbestimmung
vom 12. Juli 1817, in den Garantien, welche mehreren neuen kon-
stitutionellen Verfassungen gewährt wurden, in der kräftigen Er-
klärung gegen das Willkürregiment in Kurhessen vom 23. Juni
IS17u.s. w. Bald aber trat ein verhängnissvoller Umschwung ein.
Der hohe Aufschwung der Freiheitskriege schlug vielfach in eine
unklare Gährung der Gemüther um. Besonders in der Jugend
1 Kaltenborn, Geschichte der deutschen Bundesverhältnisse, B. I.
Ss. 328—528. L. Fr. Ilse, Geschichte der deutschen Bundesversammlung, be-
sonders ihres Verhältnisses zu den deutschen Nationalinteressen. Marb. 1861.
3Bde. Nauwerk, Die Thätigkeit der deutschen Bundesversammlung. +. Heft.
Berlin 1845 — 16. H. v. Gagern, Mein Antheil an der Politik. B. III., mit
dem besondern Titel »Der Bundestag« 1816— 1818. Stuttg. 1830. P.A.Pfizer,
Entwickelung des öffentlichen Rechtes in Deutschland durch die Verfassung des
Bundes. Stuttg. 1835. Auch v. Wangenheim, Das Dreikönigs-Bündniss
vom 26. Mai 1849, Stuttg. 1851, giebt viele Beiträge aus der Zeit vor 1848. Die
Urkunden über die Bundesthätigkeit, namentlich die Bundesbeschlüsse, finden
sich am besten zusammengestellt bei G. v. Meyer, Corpus juris confoed. Ger-
manicae. 3. Aufl., ergänzt und fortgesetzt bis auf die neueste Zeit von H. Zöpfl,
besonders in Betracht kommt hier der II. Theil. A. Miruss, Diplomatisches
Archiv der deutschen Bundesstaaten, 3 Theile. Teipzig 1846—48S. Von Werthe
sind die »Wichtigen Urkunden für den Rechtszustand der deutschen Nation« mit
eigenhändigen Anmerkungen von J. I. Klüber, aus dessen Papieren mitge-
theilt und erläutert von K. Welcker, 2. Aufl. Mannheim 1845.