4. Die Krisis des Jahres 1513. 127
tionalversammlung gegenüber den Einzelregierungen und deren Ver-
fassungsarbeiten. Am 27. Maı wurde der Wernersche Antrag
fast einstimmig von der Nationalversammlung angenommen: »dass
alle Bestimmungen einzelner deutscher Verfassungen, welche mit
dem von ıhr zugründenden Verfassungswerke nicht übereinstimmen.
nur nach Massgabe des letztern als gültig zu betrachten sind. unbe-
schadet ihrer bis dahın bestandenen Wirksamkeit«. In Betreff der
Befugnisse der Nationalversammlung standen sich die Ansichten der
Versammlung und der Regierungen schroff gegenüber. Die Majo-
rität der Nationalversammlung betrachtete sich »kraft ihrer ın der
Souveränetät der Nation liegenden Vollmacht« als alleinigen Fak-
tor des Verfassungswerkes; die Regierungen gaben zu keiner Zeit
den Standpunkt auf, »dass das deutsche Verfassungswerk zwischen
den Regierungen und dem Volke zu Stande zu bringen sei«, wenn
sie auch der entgegengesetzten Auffassung der Nationalversamm-
nicht zu jeder Zeit direkt widersprachen. Staatsrechtlich kor-
rektwar nur das Vereinbarungsprinzip, wonach die Na-
tionalversammlung immer nur der eine konstituirende Faktor der
deutschen Gesammtverfassung blieb. Ob aber eine solche Verein-
barung praktisch durchführbar gewesen wäre und zu einem günstigen
Resultate geführt hätte, ıst eine andere Frage, da die Regierungen
über die wichtigsten Punkte des Verfassungswerkes ebenso uneinig
waren, als die Fraktionen der Nationalversammlung, und keine
Aussicht vorhanden war, die vielen Köpfe jemals unter Einen Hut
zu bringen.
Die erste wichtige Angelegenheit war die Bestellung einer pro-
visorischen Exekutivgewalt. Aus den sehr stürmischen Verhand-
lungen ging am 28. Juni das Gesetzüber die provisorische
Centralgewalt hervor (Weil S. 117).
Hiernach sollte ein Reichsverweser erwählt werden, un-
verantwortlich, aber mit verantwortlichen Ministern. Die provisori-
sche Centralgewalt sollte »bıs zur definitiven Begründung einer Regie-
rungsgewalt für Deutschland die vollziehende Gewalt üben in allen
Angelegenheiten, welche die allgemeine Sicherheit und Wohlfahrt
des deutschen Bundesstaates betreffen, die Oberleitung der ge-
sammten bewaffneten Macht und die völkerrechtliche und handels-
politische Vertretung Deutschlands übernehmen«. Dagegen sollte
die Errichtung des Verfassungswerkes von der Centralgewalt ausge-
schlossen sein. Mit dem Eintritt der Wirksamkeit der provisorischen
Centralgewalt sollte der Bundestag aufhören, zu bestehen, doch sollte