158 II. Geschichtl. Entwickelung des staatl. Rechtszustandes in Deutschland.
1866 den genannten Staaten den Entwurf eines Bündnisses vor,
welches lediglich darauf gerichtet war, die Voraussetzungen und
Zusicherungen der identischen Noten vom 16. Juni in eine ver-
tragsmässige Form zu erheben. Die Unterzeichnung dieses
Vertrages erfolgte am 18. August zu Berlin. Die Bündnissverträge
vom 18. August 1866 sind zwischen souveränen Staaten, welche
nach Auflösung des deutschen Bundes nicht einmal mehr durch ein
Bundesverhältniss vereinigt waren, geschlossen und haben einen
rein völkerrechtlichen Charakter. Ihr Inhalt ist ein doppelter:
nämlich ein solcher, welcher augenblicklich ın Wirksamkeit trıtt.
dann aber auch ein solcher, welcher auf Erfüllung künftiger Lei-
stungen gerichtet ıst. Augenblicklich in Wirksamkeit tritt ein
Öffensiv- und Defensivbündniss zur Erhaltung der Unabhängigkeit
undIntegrität, sowie der äussern und innern Sicherheit der verbün-
deten Staaten; sie treten sofort zur gemeinschaftlichen Vertheidi-
gung ihres Besitzstandes zusammen, welchen sie sich gegenseitig
durch dieses Bündniss garantiren. Die Truppen der verbündeten
Staaten stehen unter dem Oberbefehle des Königs von Preussen.
Dieses Bündniss ist aber kein bleibendes, sondern nur auf einjährige
Dauer, also bis zum 18. August 1867, berechnet. Mit diesem so-
gleich in Kraft tretenden Bündnisse war aber der Inhalt dieser Ver-
träge nicht erschöpft. Die Zwecke des Bündnisses sollten definitiv
durch eine Bundesverfassung auf der Basis der preussischen Grund-
züge vom 10. Juni 1866 sichergestellt werden, unter Mitwirkung
eines gemeinschaftlich zu berufenden Parlaments. Zu Erreichung
dieses Zweckes verpflichteten sich diese Regierungen, gleichzeitig
mit Preussen die auf Grund des Reichswahlgesetzes vom 12. April
1849 vorzunehmenden Wahlen der Abgeordneten zum Parlament
anzuordnen und letzteres gemeinschaftlich mit Preussen einzube-
rufen, zugleich aber Bevollmächtigte nach Berlin zu senden, um
nach Massgabe der Grundzüge vom 10. Juni dieses Jahres den Bun-
desverfassungsentwurf festzustellen, welcher dem Parlament zur Be-
rathung und Vereinbarung vorgelegt werden sollte. Diesen übernom-
menen Verbindlichkeiten hatten die verbündeten Regierungen zu-
nächst nachzukommen.
g 71.
Das Wahlgesetz für den Reichstag des norddeutschen Bundes.
Nachdem man also bereits übereingekommen war, dass die Na-
tionalvertretung nach den Bestimmungen des Reichswahlgesetzes