Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

Die Gründung des norddeutschen Bundes. 159 
vom 12. Aprıl 1849 gewählt werden sollte, galt es zuerst, für Preussen 
selbst diesen Wahlen die erforderliche gesetzliche Grundlage zu 
geben. Zu diesem Zwecke legte die königliche Regierung am 
12. August 1866 dem preussischen Landtage das Reichswahlgesetz 
vom 12. Aprıl 1849 mit einigen nothwendigen Veränderungen als 
\Wahlgesetz zum Reichstage des norddeutschen Bundes vor (Staats- 
arch. B. XI. S. 262. Nr. 2393). In dem preussischen Abgeord- 
netenhause wurde indessen der von der Regierung eingebrachte 
Entwurf mehreren Veränderungen unterzogen. Am wichtigsten ist 
diejenige Veränderung, wodurch die ganze rechtliche Stellung des 
zu berufenden Reichstages verändert wurde. Während die Grund- 
zuge vom 10. Juni ausdrücklich die Vereinbarung der neuen 
Bundesverfassung mit dem zu berufenden Reıchstage ıns Auge ge- 
fasst hatten, traten dieser Auffassung von Seiten des Abgeordneten- 
hauses staatsrechtliche Bedenken entgegen, indem man daran fest- 
hielt, dass die preussische Verfassung und Gesetzgebung in keinem 
Falleanders als auf dem Wege der preussischen Verfassungsurkunde, 
also unter Zustimmung beider Häuser des Landtages abgeändert 
werden könne. Durch die Aufahme dieser Auffassung ın das Gesetz 
vom 15. Oktober wurde der zu berufende Reichstag lediglich zu einer 
berathenden Versammlung herabgedrückt: Art. 1:»Zur Berathung 
der Verfassung und der Einrichtungen desnorddeutschen Bundes soll 
ein Reichstag gewählt werden«. Von geringer Bedeutung sind einige 
andere ın das Wahlgesetz vom 15. Oktober übergegangene Amen- 
dements, welche sich auf die Redefreiheit, die persönliche Sicherheit 
der Abgeordneten u. s. w. beziehen. Auf gleiche Weise wurde die- 
ses Wahlgesetz ın allen übrıgen verbündeten Staaten, hie und da 
mit einigen Modifikationen, auf verfassungsmässigem Wege ange- 
nommen. Damit waren alle gesetzlichen Vorbedingungen zur Be- 
rufung des Parlamentes erfüllt. 
8 72. 
Die Konferenzen zur Berathung und Feststellung des Entwurfes 
der Verfassung des norddeutschen Bundes vom 15. December 18686 
bis zum 7. Februar 1867. 
Es galt nun, die zweite ın den Bündnissverträgen vom 
18. August getroffene Vereinbarung auszuführen, nämlich die Sen- 
dung von Bevollmächtigten nach Berlin zur Berathung} und Fest- 
stellung eines Verfassungsentwurfs, als Vorlage für den zu berufen-
	        
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