Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

1. Von dem Staatsoberhaupte oder dem Monarchen. 153 
Erste Abtheilung. 
Von der Gliederung des Staatsorganismus. 
(Verfassungsrecht.) 
Erstes Kapitel. 
Von dem Staatsoberhaupte oder dem Monarchen. 
Erster Abschnitt. 
Staatsrechtlicher Inhalt der monarchischen Gewalt. 
$ 81. 
Geschichtliche Entwickelung der Monarchie in Deutschland !. 
Das deutsche Fürstenthum hat einen von den übrigen Monar- 
chien Europas durchaus verschiedenen Ursprung. Während in Eng- 
land, Frankreich, Spanien das Königthum die aristokratische Mittel- 
gewalt des grossen Vasallenthums beseitigt und die Staatseinheit 
siegreich durchgeführt hat, ist in Deutschland das nationale König- 
thum und die Staatseinheit von der Aristokratie der grossen Reichs- 
beamten und Vasallen zuerst immer mehr geschwächt und endlich 
ganz gesprengt worden. So sind denn auch die geschichtlichen 
Wurzeln des heutigen deutschen Fürstenthums nicht in dem ehe- 
malıgen Reiche, sondern in den Territorien zu suchen. Aus den 
erblich gewordenen Reichsämtern der Herzöge, Markgrafen und 
Grafen und den Immunitätsbezirken der geistlichen und weltlichen 
Grossen sind die deutschen Landesherrschaften erwachsen (S. 67). 
Bei allen deutschen Fürstenthümern lässt sich ein solcher Ursprung 
nachweisen. So liegen die Ursprünge von Oesterreich und Preussen 
in der Markgrafschaft, von Sachsen und Bayern in dem Stammes- 
herzogthume, von Württemberg in der Grafschaftu.s. w. Die deut- 
schen Landesherrn, »dominiterrae«, erhielten als solche die Gerichts- 
barkeit vom Reiche verliehen, womit sie aus verschiedenen Rechts- 
titeln noch zahlreiche andere Regalien und Herrschaftsrechte ver- 
banden. Je weniger aber das Reich die staatlichen Bedürfnisse des 
deutschen Volkes befriedigte, je mehr sich die Territorien zu staats- 
ähnlichen Gebilden entwickelten, um so mehr streifte auch die 
! Vgl. hierüber S. 66 dieses Werkes, $ 32 die Landeshoheit.