1. Von dem Staatsoberhaupte oder dem Monarchen. 191
Sinne, der Staatsverwaltung, mit ihren so verschiedenartigen
Zweigen ist der Monarch gebunden an die Mitwirkung eines geord-
neten, nach Behörden abgestuften Beamtenthums, welchem
zwar nicht die Unabhängigkeit der Richter vom individuellen Willen
des Monarchen, wohl aber eine gewisse Selbständigkeit zukommt.
indem es, ausser an den monarchischen Willen, noch an Verfassung
und Gesetz gebunden ist. Insbesondere kommt für alle Zweige der
Staatsverwaltung die nothwendige Mitwirkung der Staats-
ministerin Betracht, an welche die verbindliche Kraft aller Re-
gierungshandlungen des Monarchen gebunden ist. Die Minister
sind allerdings keine selbständige Mittelgewalt, denn all ihr Recht
geht vom Monarchen aus, aber sie sind auch nicht blos seine Diener
und Gehülfen. welche er nach Belieben gebrauchen kann oder
nicht, sondern sein nothwendiges verfassungsmässiges Organ bei
Ausübung der Staatsgewalt.
/u diesen landesverfassungsmässigen Schranken sind jetzt noch
(lie reichsverfassungsmässigen hinzugekommen. Wohldeckt sich das
monarchische Recht mit der Staatsgewalt des betreffenden Einzel-
staates, aber wo dieser beschränkt oder wichtiger Befugnisse ent-
kleidet ıst, hat auch das landesherrliche Recht an Inhalt und Um-
fang eingebüsst. Dies zeigt sich besonders auf dem Gebiete der
Heeresmacht und der auswärtigen Angelegenheiten. Die Armec
des deutschen Reiches, einschliesslich der Marine, ist eine einheit-
liche unter dem Oberbefehle des Kaisers. Die Landesherrn haben,
als Kontingentherrn, immer noch eine gewisse Militärhoheit, aber
die eigentliche Kriegsherrlichkeit steht dem Kaiser zu, denn er allein
kann, kraft seines juris belli ac pacis. die Armee zu Kriegszwecken
verwenden. Kein deutscher Landesherr kann heutzutage Krieg füh-
ren oder Frieden schliessen. Beides ist nur Sache von Kaiser und
Reich. Ganz ähnlich steht es mit der Repräsentativgewalt des Lau-
desherrn anderen Staaten gegenüber. Wenn auch den Einzelstaaten
die völkerrechtliche Persönlichkeit durch das Reich nicht ganz ent-
zogen ist, so ist sie doch jedenfalls sehr modificirt worden. Damit
ist auch das Vertrags- und Gesandtschaftsrecht derselben einge-
schränkt und die Landesherrn haben hier, im deutschen Gesammt-
interesse, Rechte opfern müssen, welche freilich für die kleinern
unter ihnen eigentlich nur werthlose Scheinrechte waren. Da alle
Reichsgesetze unbedingt den Landesgesetzen vorgehen, so kann
der Landesherr allerdings jetzt in die Lage kommen, Gesetze in
seinem Lande ein- und ausführen zu müssen. gegen welche er ent-