1. Von dem Staatsoberhaupte oder dem Monarchen. 203
hier ebensowenig wie überhaupt eine konstitutionelle Verfassung.
In beiden Grossherzogthümern hat sich der ständische Patrimo-
nialstaat, wie er im vorigen Jahrhundert bestand, bis auf den heu-
tigen ‘lag erhalten. Wo aber der Eintritt eines Staates in die
konstitutionelle Staatsordnung bereits erfolgt ist oder ernstlich
beabsichtigt wird, erscheint die Neuordnung der Domänenfrage,
vor allem die strenge Scheidung des landesherrlichen Hofhaushaltes
von dem Staatshaushalte, als erste Vorbedingung. Die dabei vor-
kommenden Fragen können aber nicht allein nach dem historischen
Rechte vergangener Jahrhunderte entschieden werden, weil dasselbe
darauf gar keine Antwort geben kann. Die Territorien des vorigen
Jahrhunderts trugen noch vielfach den Charakter von Patrimonial-
herrschaften an sich. Seit sie in diesem Jahrhundert in die moderne
Staatsordnung eingetreten sind, müssen sie sich auch alle Konse-
quenzen derselben gefallen lassen. Die Auseinandersetzung zwischen
lem erst neuerlich zur selbstberechtigten Persönlichkeit gewordenen
Staate und der fürstlichen Familie kann daher nıcht nach dem Buch-
staben eines bereits vorhandenen Rechtes, sondern nur nach Billig-
keitsgrundsätzen, unter Berücksichtigung der Grösse und Leistungs-
fähigkeit des Domaniums, wie des Landes, sowie aller sonst einschla-
genden politischen und finanziellen Verhältnisse erfolgen. Von
rechtlichem Standpunkte können, zur Vermeidung extremer An-
sprüche, nur folgende Maximen hingestellt werden:
1, Es ıst anzuerkennen, dass das Kammergut, seiner histori-
schen Entstehung nach, Eigenthum der landesherrlicheu Familie
gewesen ist, und zwar in einer Zeit, welcher der Begriff eines Staats-
eigenthums ganz fehlte. Es ist daher eine unberechtigte, zu weit
gehende Forderung, wenn die Landstände das gesammte Kammer-
gut als reines Staatseigenthum in Anspruch nehmen. Eine derartige
Regelung entspricht grossstaatlichen Verhältnissen, kann aber den
kleinern Fürstenhäusern nicht zugemuthet werden. Die im Jahre
1848 auf dieser Grundlage zu Stande gekommenen Gesetze sind
daher in spätern Zeiten revidirt und durch entsprechendere Verein-
barungen ersetzt worden, so z. B. in allen sächsischen Landen erne-
stinischer Linie.
2) Ebenso fest steht es aber, dass nach gemeinem deutschen
Staatsrechte, wie nach allen älteren Landesverfassungen, auf dem
Kammergute als eine öffentliche Last nicht nur die Bestreitung des
sammten Iomanialbestande wieder hergestellt. H. Schulze Hausgesetze
B. 11. 8. 204.