I Von dem Staatsoberhaupte oder dem Monarchen. 20
ot
Zweiter Abschnitt.
\om Erwerbe der monarchischen Gewalt oder der
Staatssuccession.
1. Geschichtliche Entwickelung und gegenwärtige staatsrechtliche Natur der
deutschen 'I['hronfolge!.
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1) Die ältesten Suocessionsgrundsätze in Fürstenthümern und Grafschaften
unter dem noch fortwirkenden Einfiusse der Amtsqualität. 'R.d. Erstgeb.
8.49—197).
So lange Herzöge, Markgrafen, Pfalzgrafen und Grafen Reichs-
beamte waren, welche der König nach Gefallen ein- und absetzen
durfte, konnte von einem Successionsrechte überhaupt nicht die Rede
sein. Erst in der zweiten Hälfte des XII. Jahrhunderts erscheint der
Bildungsprocess der Erblichkeit der Fürstenthümer und Grafschaften,
besonders unter dem Einflusse lehenrechtlicher Ideen, wesentlich
abgeschlossen. Aber die Erbfolge des alten deutschen Lehenrechtes
war eine sehr beschränkte, indem nur die männlichen Descendenten
les letzten Inhabers, nicht die Seitenverwandten ein Erbrecht hatten
(Sächs. Lehenr. A. VIS3 und A. XXI 83). Auch wurde unter
dem noch fortwirkenden Einflusse der Amtsidee noch lange, wenig-
stens bei den eigentlichen Fürstenthümern, an dem staatsrechtlichen
Grundsatze der Untheilbarkeit festgehalten. Derselbe wird
durch eine Konstitution Kaiser Friedrich’s I. sanktionirt (II F. 55
$ 3: »Praeterea ducatus, marchia, comitatus de cetero non divida-
tur, durch die Autorität der Rechtsbücher (Sächs. Lehenr. A. 20
& 5. Schwabensp. Lassb. 8. 60), durch richterliche Urtheile und
Weisthümer bestätigt. Während der völlig patrimoniale Charakter
vieler Grafschaften, die oft wesentlich aus blossen Familienbesitzun-
gen bestanden, die Theilbarkeit schon früh zugelassen hatte, be-
hauptete sich bei den eigentlichen Fürstenthümern die Amtsidee
länger und konsequenter gegen 'Theilungsgelüste. Eine Zusammen-
it Eine Geschichte der deutschen Thronfolge von der ältesten Zeit bis auf
die (regenwart giebt meine Schrift: »DasRecht der Erstgeburt in den deutschen
Fürstenhäusern und seine Bedeutung für die deutsche Staatsentwickelung.
Leipzig 1651. B. W. Pfeiffer, Ueber die Ordnung der Regierungsnach-
folge in den monarchischen Staaten Deutschlands. Kassel 1626. Hermann
Schulze, Iie Hausgesetze der regierenden deutschen Fürstenhäuser. Jena.
B. 1. 1862. B. II. 1876, worin zahlreiche auf die Thronfolge bezügliche Ur-
kunden zu finden sind.