Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

) 
nd 
14 I. Das Landesstaatsrecht. 
soweit nicht ein Fürstenlehen, durch ein besonderes Privilegium, 
als subsidiäres Weıiberlehen errichtet war, wie dies schon seit 1156 
bei Oesterreich!, seit 1235 bei Braunschweig-Lüneburg? der 
Fall war. Durch Auflösung der Reichsverbindung ist natürlich der 
Lehensverband der früheren Reichsmannlehen beseitigt. Unrichtig 
aber ist die Behauptung, dass durch diesen Wegfall der Lehensherr- 
lichkeit, die sog. Allodifikation der Territorien, ipso jure auch ein 
subsidiäres Thronfolgerecht der Kognaten eingeführt worden sei. 
Anundfürsichistdadurchin den Successionsverhält- 
nissenderfrühern Reichslehen nichtsgeändert?. Nur 
steht heutzutage nicht mehr wie früher in den lehensherrlichen 
Rechten von Kaiser und Reich ein rechtliches Hinderniss entgegen, 
die subsidiäre kognatische 'Ihronfolge verfassungsmässig ein- 
zuführen, wie dies auch die neuern Verfassungsurkunden von 
Bayern, Sachsen, Hannover, Württemberg, Baden, Hessen-Darm- 
stadt, Braunschweig, Schwarzburg-Sondershausen und Waldeck 
gethan haben. Nur dürfen dadurch bereits begründete Rechte an- 
derer Anwärter nicht verletzt werden, so räumen auch ausdrück- 
lich die bayerische, sächsische und hessen-darmstädtische' Verfassung 
den Erbverbrüderten den Vorzug vor den Kognaten ein°. 
i Für Oesterreich war die kognatische Lehenfolge durch das, auch nach 
neuern Untersuchungen ächte privilegium minus von 1156 festgestellt : »perpetuali 
jure sanctientes, ut ipsi et liberi eorum post eos indifferenter filii sive filiae eun- 
dem Austriae ducatum hereditario jure a regno teneant et possideant.« Seitdem 
galt Oesterreich als subsidiäres Weiberlehen. Vergl. darüber besonders J. Bercht- 
hold, Die Landeshoheit Oesterreichs nach den ächten und unächten Freiheits- 
briefen, München 1862. 8. 41 ff. Hierauf gründete sich dann das Testament 
König Ferdinand’s von 1543 und endlich die pragmatische Sanktion. 
2 In der Lehenserrichtung für Braunschweig-Lüneburg von 1235 heisst es: 
»et creavimus inde ducatum et imperiali auctoritate dictum consanguineum no- 
strum Ottonem, ducem et principem facientes, ducatum ipso in feodum imperii 
ei concessimus, ad heredes suos filios et filias hereditario devolvendum.« Pertz 
leg. tom. II. p. 318. 
3 Für Hessen-Darmstadt führt dies richtig aus Weiss, System B. I. $ 63. 
S. 215: »Mit der Allodification wurde die successio feodalis bei der Thronfolge 
keineswegs aufgehoben, als das durch die vormalige Lehensqualität der Landes- 
hoheit über Hessen wohlbegründete Successionsrecht der Agnaten und Erbver- 
brüderten.« Speciell über Preussen vergl. mein Preussisches Staatsrecht B. I. 
857, 8 181. 
4 So hätte z. B. in Württemberg das kognatische Successionsrecht nicht 
ohne weiteres eingeführt werden können, wenn nicht durch den Pressburger 
Frieden die eventuellen Successionsrechte Öesterreichs aufgehoben worden wären. 
5 Die bayerische Verfassungsurkunde Tit. II. $4. räumt sogar denjenigen 
Prinzen ein Vorzugsrecht vor den Kognaten ein, welche erst durch eine künftig 
etwa abzuschliessende Frbverbrüderung mit einem fürstlichen Hause aus dem 
deutschen Bunde Successionsrecht erhalten würden.
	        
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