1. Von dem Staatsoberhaupte oler dem Monarchen. 2531
100.
b) Successionsordnungiin Ermangelun, eines verbindlichen Primogeniturgesetzes.
Da nachgewiesener Massen in allen deutsch-monarchischen Staa-
ten und deren Jetzt regierenden Linien die Primogenitur eingeführt
ist, so kanı innerhalb der regierenden Linien niemals mehr ein
Streit über diejenige Person entstehen, welche durch die Succes-
sionsordnung auf den '[hron berufen ist. Zweifel können nur da
entstehen, wo nach Aussterben der jetzt regierenden Linie Glieder
einer andern Linie oder Erbverbrüderte berufen werden. Wo die
Verfassung als oberstes Landesgesetz auch über die Successionsord-
nung bestimmt, müssen ihr alle hausgesetzlichen Bestimmungen
weichen. Dies ıst aber nicht immer der Fall; in verschiedenen Ver-
fassungsurkunden ist die Primogenitur ausdrücklich nur für die
regierende Speciallinie eingeführt, bei deren Erlöschen sollen die
Verträge und Observanzen des Gesammthauses entscheiden. Hier
kommen solche Fürstenhäuser in Betracht, welche sich in mehrere
regierende Linien spalten und in verschiedenen Staaten regieren, vor
allem das sächsische Gesammthaus, welches über ein Königreich,
ein Grossherzogthum, drei Ilerzogthümer regiert. Im Königreiche
Sachsen ist die Primogenitur für das sächsische Gesammthaus fest-
gestellt durch die Verfassungsurkunde $ 6: »Die Krone ist erblich in
dem Mannsstamme des sächsischen Fürstenhauses nach dem
Rechte der Erstgeburt und der agnatischen Linealfolge«. Sollte da-
her das jetzt regierende kömiglich sächsische Haus erlöschen, so
würden die Agnaten der Ernestinischen Linie an diese Verfassungs-
bestimmung gebunden sein und ebenfalls nach dem Rechte der
Erstgeburt und der Linealfolge succediren. Anders steht es in den
übrigen sächsischen Staaten, deren Verfassungen das Recht der
Erstgeburt nur für das Specialhaus feststellen, so sagt z. B. die
Meiningische Verfassungsurkunde von 1828 $ 3: »Die Staatserbfolge
richtet sich, was das herzogliche Specialhaus betrifft, vermöge der
Primogeniturkonstitution vom 12. März 1802, nach den Grundsätzen
der Erstgeburt und Linealordnung, nach dem Alter der Linie; ım
übrigen nach den Verträgen und Observanzen des herzoglichen,
die Regierung sofort auf den nach ihnen zunächst berechtigten Prinzen über-
geht.« Die im königlich sächsischen Hause bestehende Sekundogenitur begrün-
det keine Succession in Jand und Leute, sondern ist eine Form der Versorgung
des zweitgeborenen Prinzen und seiner Linie durch die Zinsen eines Geldkapi-
tals. Königlich Sächsisches Hausgescetz vom 30. December 1837. Abschnitt VI.
$ 42—54: Secundogenitur.