I. Von dem Staatsoberhaupte oder dem Monarchen. 951
nes Vorgängers verbunden sei!. Später mischte man auch die Grund-
sätze des langobardischen Lehenrechtes ein und unterschied, ob der
Nachfolger der Sohn oder der Agnat des letztverstorbenen tegenten
sei, indem man den Sohn, welcher nach II F. 45 nothwendig auch
Allodialerbe seines Vaters werden musste, für gebunden an die
Handlungen seines Vaters erklärte, während maı beim Agnaten eine
solche Gebundenheit an die Handlungen des Vorgängers nicht an-
nahm ?. First langsam und allmählich brach sich in Deutschland in
Theorie und Praxis der Grundsatz Bahn: »dass der Nachfolger schul-
dig sei, alle diejenigen Verbindlichkeiten, die sein Vorfahr ver-
möge der Landeshoheit und als Regent eingegangen habe, soweit
anzuerkennen und zu erfüllen als der verstorbene Fürst selbst dazu
verbunden gewesen wäre, indem er hıer als Repräsentant des Staates
gehandelt habe und dieser somit das eigentlich verpflichtete Subject
seic. Diesebesondersvon Kamptz mit grosser Klarheit durchgeführte
Ansicht war in den letzten Reichszeiten die herrschende 3, doch war
es immerhin bedenklich, dass man als eine Ausnahme von der Regel
zuliess: »insofern die Handlungen nicht gegen die Wohlfahrt des
! Diese sehr tiefgewurzelte Ansicht bekämpfte Kamptz zuerst sehr ener-
gisch a. a. 0. 8.177 »Die Stammgutsgrundsätze sind auf die öffentlichen Hand-
lungen eines Fürsten unanwendbar ; jene haben die Erhaltung der Güter in einem
einzigen Privatgeschlechte, den Glanz und die Wohlfahrt dieses Geschlechtes
zum höchsten Zwecke, diese aber die Haltung und Wohlfahrt des Staates, dort
handelt der Besitzer im eignen Namen, hier im Namen des Staates. Der Nach-
folger erhält die Landeshoheit nicht blos vermöge einseitiger Vorsorge seines
Ahnherrn, sondern auch aus Verträgen mit dem Reichsoberhaupte und den Land-
ständen, folglich nicht blos so wie der Ahnherr sie verlassen, sondern wie der
Staatszweck sie nach und nach modificirt hatte. Er ist nicht Erbe einer Sache,
sondern durch Erbrecht berufener Nachfolger«.
2 C. Chr. A.H. v. Kamptz, Versuch über das langobardische Lehengesetz
II. F. 45. Göttingen 1794,
3 So sagt Pütter, primae lineae $ 61: »Öuccessor in territorio quicunque
demum fuerit, ea quae antecessor, tamquam dominus territorii, legitime in vim
obligationis perpetuae peregit, indistincte praestare tenetur«. Berühmt ist
die Erklärung Kaiser Franz’ II. an die Kurfürsten vom 7. September 1796: »Man
überlässt es hierbei einem jeden, die weitausschenden Folgen zu berechnen,
welche nothwendig in ganz Deutschland entstehen würden, wenn je die Meinung
herrschend werden sollte, dass der Nachfolger in der Regierung an die Hand-
lungen seiner Vorfahren, die sie in ihrer Eigenschaft als regierende Fürsten vor-
genommen haben, der Regel nach nicht gebunden sein sollte«. Achnlich erklärte
sich auch König GeorgI. von Grossbritannien 1718 gegen den willkürlichen
Herzog Karl Leopold von Mecklenburg; auch die kursächsischen Stände pro-
testirten 1689 gegen die Ansicht: »dass der Nachfolger in der Regierung die
Handlungen und Verschreibungen der Vorfahren anzuerkennen nicht verbun-
den seie, Reyscher, Die Rechte des Staates an Domänen und Kammergütern,
1863. 8. 215.