Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

398 l. Das Landesstaatsrecht. 
1) Da das Amt nicht blos ein Komplex einzelner Leistungen, 
sondern ein Lebensberuf ist, welcher die ganze Arbeitskraft des 
Beamten ın Anspruch nımmt, so soll sich der Beamte demselben 
ganz und ausschliesslich widmen. Daher ist den Beamten der Be- 
trieb von bürgerlichen Gewerben, die Vebernahme von Nebenämtern 
oder Nebenbeschäftigungen, namentlich solchen, mit denen eine 
Remuneration verbunden ist, gar nicht oder nur mit Genehmigung 
(ler vorgesetzten Behörde gestattet. Nach neueren Gesetzen 'z. B. 
Preussisches Gesetz vom 10. Juni 1874), besonders auch nach dem 
Reichsbeamtengesetz $ 16 ist zu dem Eintritt eines Beamten in den 
Vorstand, Verwaltungs- oder Aufsichtsrath einer jeden auf Erwerb 
gerichteten Gesellschaft die gleiche Genehmigung erforderlich, 
welche jeder Zeit widerruflich ist; sie darf gar nicht ertheilt wer- 
den, sofern die Stelle mittelbar oder unmittelbar mit einer Remu- 
neration verbunden ist. Dagegen ist der Beamte verpflichtet, ausser 
seinen regelmässigen Amtsgeschäften, Nebenaufträge von Seiten 
der vorgesetzten Behörde zu übernehmen, doch dürfen die- 
selben nıcht ganz heterogener Natur sein und weder der sonstigen 
Wirksamkeit des Beamten noch der Würde des Amtes Eintrag thun. 
2) Kein Beamter darf ohne Vorwissen und Grenehmigung seiner 
vorgesetzten Behörde den ihm zur Ausübung seines Amtes ange- 
wiesenen Ort verlassen; doch kann der Beamte von der Erfüllung 
seiner Amtsgeschäfte zeitweilig befreit, »beurlaubt« werden. 
Der Urlaub wird dem Beamten auf sein Ansuchen von der vorge- 
setzten Dienstbehörde ertheilt. Ueber die Beurlaubungen der Be- 
amten und die mit längerem Urlaube verbundenen Gehaltsabzüge 
bestehen in jedem Staate besondere Vorschriften. Zum Eintritt in 
den Reichstag und, nach den meisten Verfassungen, zum Eintritt in 
den Landtag bedürfen Beamte keines Urlaubs. 
3) Ueber die vermöge seines Amtes ihm bekannt gewordenen 
Angelegenheiten, deren Geheimhaltung ihrer Natur nach erforder- 
lich oder von seinem Vorgesetzten vorgeschrieben ist, hat der Be- 
amte Verschwiegenheit zu beobachten, auch nachdem das Dienst- 
verhältniss aufgelöst ist (Reichsbeamtengesetz $ 11). 
4) Die Staatsdienergesetze schreiben zum Theil vor, dass die 
Beamten zur Eingehung einer Ehe der Genehmigung ihrer vorge- 
setzten Behörden bedürfen. Im einigen Staaten hat die Ertheilung 
dieser Genehmigung nur den Charakter einer Formalität, so in 
Preussen nach der Kabinetsordre vom 9. Juli 1839; in anderen 
begnügt man sich mit einer blossen Anzeige z. B.ınBaden,
	        
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