Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

3. Von den Staatsangehörigen. 407 
mittelbare Ritterschaft(S.69) dachte. Dieselbe wurde durch 
die Rheinbundsakte mit ihren reichsunmittelbaren, ritterschaftlichen 
Besitzungen den Rheinbundstaaten einverleibt, ohne dass ihr irgend- 
welche Vorrechte ausdrücklich beigelegt worden wären. Art. XXV: 
»Chacun des rois et princes confederes possedera, en toute souve- 
rainete, les terres Cquestres enclavces dans ses possessions.« Da- 
gegen bestimmt Art. 14 der Bundesakte in Betreff derselben: »Dem 
ehemaligen Reichsadel werden die sub 1) und 2) angeführten Rechte 
(Autonomie und freie Wahl des Aufenthaltes), Antheil der Begüter- 
ten an der Landstandschaft,. Patrimonial- und Forstgerichtsbarkeit. 
Kirchenpatronat und der privilegirte Gerichtsstand zugesichert. 
Diese Rechte werden jedoch nur nach der Vorschrift 
der Landesgesetze ausgeübt. In den durch den Frieden von 
Luneville vom 9. Februar 1801 abgetretenen und jetzt wieder mit 
Deutschland vereinigten Provinzen werden bei Anwendung der 
obigen Grundsätze auf den. ehemaligen unmittelbaren Reichsadel 
diejenigen Beschränkungen stattfinden. welche die dort bestehen- 
den besonderen Verhältnisse nothwendig machen.« 
Wenn die Bundesakte hier noch die Worte beigefügt hat: 
»Diese Rechte werden jedoch nur nach Vorschrift der Landesgesetze 
ausgeübte«, so sollte damit aber nicht gesagt werden, dass es ganz 
indas Belieben jeder Landesgesetzgebung gestellt werden solle, 
diese Rechte dem ehemals unmittelbaren Reichsadel willkürlich und 
ohne Entschädigung zu entziehen. So lange nach dem ganzen Zu- 
stande der Landesgesetzgebung solche Privilegien, wie etwa privi- 
legirter Gerichtsstand, überhaupt möglich sind, sollen sie auch den 
Mitgliedern der Reichsritterschaft nicht entzogen werden. Dagegen 
ist von den Bundestegierungen keineswegs die Verbindlichkeit 
übernommen, niemals eine solche Veränderung mit ihrer Gerichts- 
verfassung vorzunehmen, bei welcher überhaupt privilegirte Ge- 
richtsstände ausgeschlossen sind. Solche Veränderungen sind durch 
die neueste Reichsgerichtsverfassung vom 27. Januar 1877 einge- 
treten, welche überhaupt den privilegirten Gerichtsstand und jede 
Art von Patrimonialgerichtsbarkeit beseitigt hat. Soweit die von 
der Bundesakte zugesicherten Vorrechte überhaupt mit den jetzigen 
Rechtsverhältnissen verträglich sind, z. B. Recht auf Autonomie, 
Recht der Begüterten auf Landstandschaft, müssen dieselben, 
ganz wie die standesherrlichen Rechte, von der Landesgesetzgebung 
auch heut zu Tage noch respektirt werden.
	        
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