420 1. Das Landesstaatsrecht.
nen seit dem 16. und 17. Jahrhundert den Kampf gegen die Auto-
nomie und Selbstverwaltung der Städte, welche sie der sich zu einer
wahren Staatsgewalt erhebenden Landeshoheit straffer unterzuord-
uen suchten. Selbst viele kleine Reichsstädte wurden zu Land-
städten herabgedrückt. Dabei kam den Landesherrn die mehr und
mehr hervortretende innere Verknöcherung der Stadtverfassun-
gen zu Hülfe, welche bald auf den kurzen demokratischen Auf-
schwung folgte. Eine engherzige Rathsoligarchie drängte die
Bürgerschaft mehr und mehr von der Theilnahme am Gemeinde-
leben zurück, an die Stelle der Wahl trat die Kooptation, an die
Stelle kurzer Amtsperioden die Lebenslänglichkeit der Magistratur,
das Stadtregiment gewöhnte sich mehr und mehr, die Bürger wie
seine »Unterthanen« zu behandeln. Den so vom Gemeingeist und
Bürgersinne verlassenen Städten gegenüber hatten die Landesherren
meistens leichtes Spiel. An die Stelle der mittelaltrigen Städtefrei-
heit trat ein ausgebildetes staatliches Bevormundungssystem.
Die Stadträthe wurden in die strengste Unterordnung unter die
landesherrlichen Behörden gesetzt. Ihre Ernennung, wie jeder wich-
tige Beschluss derselben bedurfte einer höheren Bestätigung, der
städtische Haushalt wurde der strengsten Kontrolle unterworfen,
das Stadtvermögen vielfach als »mittelbares Staatsgut« angesehen.
Besonders konsequent wurde dieses System in den Ländern des bran-
denburgisch-preussischen llauses durchgeführt, wo die völlig schran-
kenlose Unterordnung unter das Staatsbeamtenthum das selbstän-
dige Leben der Stadt auf einJahrhundert erstickte. Den Höhepunkt
erreichte dies büreaukratische Bevormundungssystem unter König
Friedrich WilhelmI. Aufdiesem Standpunkte steht im wesentlichen
noch die Städteordnung des allgemeinen preussischen Landrechtes
(Th. H Tit. 8), welche für die Auffassung des vorigen Jahrhunderts
geradezu als typisch erscheint. Nach diesem Gesetzbuche ist
die Stadt nichts als eine Staatsanstalt, welcher der Staat zur
bessern Erreichung des Staatszweckes die Eigenschaft einei »pri-
vilegirten Korporation beigelegt hat.« Alle Rechte der Städte wer-
den auf staatliche Verleihung zurückgeführt. Die innere
Gremeindeverfassung wird einer gewöhnlichen Gesellschaftsverfas-
sung gleichgestellt. Die Magistrate werden lediglich als Organe
der Staatsgewalt behandelt, welche vom Landesherrn ernannt
oder wenigstens bestätigt werden. Der Rath ergänzt sich
durch Kooptation. Die Verwaltung des Stadtvermögens wird der
strengsten Staatskontrolle unterstellt, jede irgend erhebliche Ver-