424 I. Das Landesstaatsrecht.
wohnsitz vom 6. Juni 1870 hat das Heimathsrecht seine wichtigste
Bedeutung verloren, indem der Anspruch auf Armenunterstützung,
Unterstützungswohnsitz, erworben wird durch zweijährigen
ununterbrochenen Aufenthalt ın einem Ortsarmenverbande nach
zurückgelegtem ?24sten Lebensjahre, und ebenso verloren geht
durch Erwerbung eines anderweitigen Unterstützungswohnsitzes.
und zweijährige ununterbrochene Abwesenheit nach zurückgelegtem
24sten Lebensjahre. Auch andere Rechte sind durch die Reichs-
gesetzgebung unabhängig vom Erwerb des lleimathsrechtes gestellt,
so das Recht zum Aufenthalte und zur Verehlichung in einer Ge-
meinde, die Befugniss zum Grundstückserwerbe und zum Gewerbe-
betriebe. Dagegen hat das Gemeindebürgerrecht seine
Bedeutung bewahrt, indem aktives und passives Wahlrecht und die
Verpflichtung zur Lebernahme von Gemeindeämtern nach wie vor
‚lamıt verknüpft sind.
Für die Frage, ob eine (semeinde im rechtlichen Sinne Stadt
oder Dorf sei, ist in der Iiegel ıhr historischer Charakter ent-
scheidend. In der städtischen Verfassung treten zwei Organe zu
Jage: 1) ein kollegialischer Stadtrath, Magistrat, be-
stehend aus einem Bürgermeister, dessen Stellvertreter oder einem
zweiten Bürgermeister und einer Anzahl von Stadträthen; 2) das
Kollegium der Stadtverordneten. Nur ausnahmsweise
kommt noch eine Berufung der gesammten Bürgerschaft vor. Sonst,
ist in allen neueren Städteverfassungen das Repräsentativ-
system angenommen. »Die Bürgerschaft wird in allen Angele-
genheiten des Gemeinwesens durch Stadtverordnete oder Depu-
tirte vertreten, sie ist befugt, dieselben aus ihrer Mitte zu wählen.
Von allen der Stadtgemeinde beigelegten oder derselben sonst zu-
stehenden Rechten wird einzig und allein die Stadtverordnetenwahl
von der Stadtgemeinde in ihrer Gesammtheit ausgeübt.« An die
Stelle der alten Bürgerversammlung ist jetzt überall ein gewählter
kollegialischer Ausschuss getreten, welcher sich als ein im Namen
der Gesammtheit die Gemeinde vertretendes Organ darstellt.
Der Magistrat ist die Stadtobrigkeit; alle Einwoh-
ner sind ihm Gehorsam schuldig, soweit er sich innerhalb seiner
gesetzlichen Befugnisse bewegt. Im Gegensatze zur Stadtverord-
netenversammlung, deren Thätigkeit wesentlich eine berathende,
beschliessende und kontrollirende ist, ist er vorzugsweiseeine Voll-
zugsbehörde. Der Magistrat hat als Ortsobrigkeit und Gemein-
(leverwaltungsbehörde regelmässig folgende Geschäfte: a: die