446 I. Das Landesstaatsrecht.
und Sendboten der karolingischen Zeit, welche in den Landdingen,
Landtaidingen bis ins XII. Jahrhundert fortdauerten. Obgleich
demselben Grundgedanken entsprossen, haben diese ältern Formen
doch gar keinen unmittelbaren Zusammenhang mit der gegenwär-
tigen Gestaltung der Volksvertretung, dagegen lässt sich ein solcher
zwischen der landständischen Institution und den heutigen Land-
tagen nicht verkennen, wenn auch die alte Form einen ganz neuen
staatsrechtlichen Inhalt in sich aufgenommen hat.
Die Entwickelung der deutschen Landstände geht
mit der der Landeshoheit Hand ın Hand. Seit der Mitte
des XIIIl., noch bestimmter seit dem Anfange des XIV Jahrhun-
derts, suchten die deutschen Landesherrn, domini terrae, das Aggre-
gat ihrer ungleichartigen Befugnisse, welche sie über Land und
Leute ihrer "Territorien ausübten, in den einheitlichen Begriff der
Landeshoheit umzugestalten ($ 32. 8. 66ff.). In paralleler Be-
wegung mit dem Entwickelungsgange der Landeshoheit schlossen
sich nun diejenigen Rlassen des Territoriums ständisch zusammen,
welche hergebrachte oder verbriefte Rechte, dem Landesherrn
gegenüber, zu vertreten hatten. So entstehen schon seit dem
XIII. Jahrhundert Ritter- und Städtebündnisse ın den einzelnen
Territorien, deren Ziel Bewahrung und Vermehrung ihrer ständi-
buch des deutschen Staatsrechts Th. II. S. 29 ff. J. J. Moser, Von der deut-
schen Reichsstände Landen. 1769. (B. II. S. 313—903. B. IV. S. 940—1529).
Derselbe, Von der deutschen Unterthanen Rechten und Pflichten. B. II.
Kap. I. S. 55—147. Lünig, Collectio nova, worin der mittelbaren oder land-
sässigen Ritterschaft in Deutschland sonderbare Prärogative und Gerechtsame,
auch Privilegien und Freiheiten enthalten sind. 2 Bde. Frankfurt u. Leipzig
1730. Wilda, Landstände in Weiske’s Rechtlex. B. VI, 8.791 ff. K. Maurer,
Art.»Landstände« im Staatsw. B. VI. S. 251—272. Eichhorn, D. St. u.
RG. B. II. $$ 4123—42S. Zöpfl, St. u. RG. $54 u. 75. Walter $ 366.
v. Schulte, $77. O. Gierke, a.a.0.$51u.60. R.v. Mohl, Die geschicht-
lichen Phasen des Repräsentativsystems in Deutschland (Zeitschr. für die ge-
sammten Staatsw. B. XXVII. 1871). Für einzelne deutsche Staaten nennen wir
beispielsweise: K. Hegel, Geschichte der mecklenburgischen Landstände bis
zum Jahre 1555. Rostock 1856. J. Rudhart, Geschichte der Landstände in
Bayern bis 1508. 2 Bde. Heidelberg 1576. G.v. Lerchenfeld, Die altbaye-
rischen landständischen Freibriefe mit den Landesfreiheitserklärungen. München
1853. Mit einer geschichtl. Einleitung von L. Rockinger. C.V. Fricker
und Th. v. Gessler, Geschichte der Verfassung Württembergs. 1869. O. W.
v, Lancizolle, Ueber Königthum und Landstände in Preussen. Berlin 1846.
W. Lüders, Art. Preussisches Staatsrecht im Staatslex. B. XIL. S. 1—103.
H.v. Treitschke, »Der erste Verfassungskonflikt in Preussen 1815—1823.«
(Preuss. Jahrb. 1572. Märzheft S. 409—474, Aprilheft 8. 313— 360). Weitere
die einzelnen Staaten betreffende Literaturangaben finden sich im vorbereiten-
den Theile dieses Werkes S. 111—123.