Von der Volksvertretung oder dem Landtage. 463
(85.259) und wenn der Volksvertretung die Befugniss zusteht, einen
Regenten zu wählen |S. 262 Das Zusammentreten beider Häuser
zu blos formellen Geschäften ohne Beschlussfassung, wie bei der
Eröffnung und der Schliessung des Landtages, bei der Ableistung
des Verfassungseides von Seiten des Königs oder Itegenten, kann
als Ausnahme von der Regel nicht angesehen werden.
In der Regel steht es der Staatsregierung frei, welchem von
beiden Häusern sie ihre Vorlagen zuerst zugehen lassen will. Nur
Finanzgesetzentwürfe und Staatshaushaltsetats müssen dem Abge-
ordnetenhause zuerst vorgelegt werden. bei dem Staatshaushalts-
etat beschränkt sich die Befugniss der ersten Kammer in der Regel
(darauf, denselben im Ganzen anzunehmen oder abzulehnen, Abän-
derungsvorschläge ın Betreff der einzelnen Positionen zu machen,
ist ihr nicht gestattet. Sonst sind ın der Regel die Rechte beider
Kammern völlig gleich.
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Zusammensetzung der ersten Kammer oder des Herrenhauses.
Bei der Neubildung erster Kammern in Deutschland hielt man
sich wenigstens äusserlich an das Vorbild Englands und wollte darin
vorzugsweise den hohen grundbesitzenden Adel vertreten sehen. In
den süddeutschen Staaten, wo zahlreiche mediatisirte Häuser den
neugeschaffenen Staatskörpern einverleibt worden waren, bildeten
(diese den Hauptbestandtheil der sog. »Kammer der Standes-
herrn«, so in Bayern, Württemberg, Baden, Hessen-Darmstadt.
Hier war ein wirklich hoher Adel oder Herrenstand vorhanden.
Der ritterschaftliche Adel wurde daher, seiner eigentlichen Stellung
gemäss, zumeist in die zweite Kammer verwiesen der Ritterstand
ist der Mittelstand«d), so in Bayern, Württemberg, Hessen-Darm-
stadt. In Baden zog man dagegen die sog. grundherrlichen Ele-
mente mit den Standesherın in die erste Kammer. In Norddeutsch-
land, wo es fast ganz an einem hohen Adel fehlte, wurde der
Ritterschaft eine vorwiegende Bedeutung überall in der ersten Kam-
mer eingeräumt, so in Hannover, im Königreich Sachsen, obgleich
sie in letzterem auch zugleich in der zweiten Kammer vertreten war.
Neben den Elementen, welche der englischen erblichen Pairie
nachgebildet waren, fehlte es aber nirgends an Mitgliedern, welche
durch königliche Ernennung oder ihr Amt auf Lebenszeit berufen
waren. Sowohl in Nachahmung Englands, wie in Erinnerung an