5. Von der Volksvertretung oder dem Landtage. 497
lebenslänglichen Mitgliedern besteht, wie z. B. in Preussen!. Die
Auflösung zieht stets den Schluss der Sitzungsperiode nach sich,
was sich auch auf die von der Auflösung nicht getroffene erste
Kammer bezieht, weil es nach den Grundsätzen des Zweikammer-
systems nur Sessionen des ganzen Landtages, nicht der einzelnen
Kammern geben, weil eine Kammer ohne die andere überhaupt als
Kollegium nicht existiren kann.
Damit die Auflösung des Abgeordnetenhauses nicht zu einer
Beeinträchtigung seiner konstitutionellen Wirksamkeit überhaupt
gemissbraucht werden kann, enthalten die Verfassungen in der
Regel die Bestimmung, dass, im Falle einer Auflösung, binnen
einer bestimmten Frist die Neuwahlen {z. B. in Preussen 60 Tage)
stattfinden sollen und binnen einer weitern Frist (in Preussen
90 Tage) die neue Kammer einberufen werden muss. Die Mitglie-
der der aufgelösten Kammer, welche durch den staatsrechtlichen
Akt der Auflösung ihre Eigenschaften als solche verloren haben,
können sofort wieder neugewählt werden.
In manchen mittleren und kleineren Staaten besteht in An-
schluss an die ältere landständische Verfassung ein ständischer
Ausschuss, welcher sich aus dem Präsidium und einer Anzahl
vom Landtag erwählter Mitglieder zusammensetzt, so in Württem-
berg, Baden, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg, Sachsen-
Koburg-Gotha, Braunschweig u. s. w. Solange die Stände nicht
versammelt sind, erscheint derselbe »als Stellvertreter derselben für
diejenigen Geschäfte, deren Besorgung von einem Landtage zum
andern zur ununterbrochenen Wirksamkeit der Repräsentation des
Landes nöthig ist«e. Die Funktionen desselben sind in den verschie-
denen Verfassungen verschieden bestimmt; doch bestehen sie mei-
stens in Wahrung der verfassungsmässigen Landesrechte, Kontrolle
der Finanzverwaltung und Vorbereitung von Vorlagen für den künf-
tigen Landtag. Seine Verrichtungen hören auf mit Eröffnung eines
neuen Landtages. Bei einer Auflösung muss dafür gesorgt sein,
dass die Stände noch ihren Ausschuss wählen können oder dass die
schon gewählten Glieder ihre Vollmacht nicht verlieren. ([Würt-
temb. Verfassungsurkunde $ 192.) Den Verfassungen von Preussen,
Bayern und Sachsen ist ein ständischer Ausschuss unbekannt.
! Wo dagegen wie in Baden die erste Kammer zum Theil auch aus erwählten
Mitgliedern (den Grundherrn, der Universitäten, besteht, verlieren auch diese
durch Auflösung ihre Eigenschaft. Verfassungsurkunde $ 43.