38 I. Grundbegriffe des allgemeinen Staatsrechtes.
Staatsgewalt darstellt, ist ein unbedingt nothwendiges Merkmal der
konstitutionellen Monarchie. Auch muss dieses Organ ein ent-
scheidendes Wort auf dem Gebiete der Gesetzgebung und der
Ordnung des Staatshaushalts mitzureden haben, bloss berathende
Stände bilden keine rechtliche Schranke gegen die Willkür des
Absolutismus. Dagegen lässt sich innerhalb des konstitutionellen
Systems die grösste Mannigfaltigkeit in der Zusammensetzung
dieser Körperschaft denken, für welche es durchaus keine allge-
mein gültigen konstitutiven Principien giebt. Aber auch auf dem
Gebiete der anderen staatlichen Funktionen treten dem konstitu-
tionellen Monarchen nothwendig mitwirkende Organe zur Seite.
So kann er die richterliche Gewalt nur ausüben durch das
Organ eines selbständigen Richteramtes, welches im Rechtsprechen,
von seinen persönlichen \Veisungen völlig unabhängig, nur an die
Autorität des Gesetzes gebunden ist.
Aber auch auf dem freiesten Gebiete der monarchischen 'Thä-
tigkeit, der eigentlichen Regierung oder Verwaltung, wo der persön-
liche Herrscherwille am meisten zur Geltung kommt, kann der
Monarch nur handeln unter Mitwirkung von Staatsdienern, welche
für alle seine Regentenhandlungen die verfassungsmässige Verant-
wortung übernehmen. Volksvertretung, unabhängige Ge-
richte und verantwortliche Minister sind die dem konstitu-
tionellen Monarchen bei seinen Staatsfunktionen zur Seite tretenden
Organe, deren Mitwirkung freilich staatsrechtlich eine sehr verschie-
dlenartige Bedeutung hat. So ist der konstitutionelle Monarch über-
all bei Ausübung der Staatsgewalt verfassungsmässig beschränkt
und an die Mitwirkung anderer Organe und unentbehrlicher Mitar-
beiter gebunden, keineswegs aber ist ihm die Selbstausübung der
Staatsgewalt entzogen ; vielmehr kommt, innerhalb der verfassungs-
mässigen Schranken, seine freie persönliche Entschliessung zur
vollen Geltung.
Staatsrechtlich ist das monarchische Princip ın der konstitu-
tionellen Staatsordnung nur da gewahrt, wo grundsätzlich die
gesammte Staatsgewalt in der Person des Monarchen
vereinigt ist und die Befugnisse der Volksvertretung nicht als
Mitregierungsrechte, sondern als Beschränkungen der monar-
chischen Gewalt aufgefasst werden. Trotz ihrer Selbständigkeit
bleiben alle andern staatlichen Organe dem Monarchen untergeord-
net, ohne und gegen dessen Willen nichts mit rechtlicher Kraft
im Staate vor sich gehen kann (Verwerflichkeit des sog. suspen-