510 I. Das Landesstaatsrecht.
den monarchischen Staaten für die Volksvertreter; auch sind die-
selben von keinerlei Instruktion abhängig und haben lediglich nach
ihrer Ueberzeugung von dem, was das Wohl des Staates erfordert,
zu stimmen. Kein Mitglied der Bürgerschaft kann für seine Aeusse-
rungen oder Abstimmungen in der Bürgerschaft oder den Aus-
schüssen zur Verantwortung gezogen werden, dagegen kann die
Bürgerschaft wegen Ordnungswidrigkeiten oder Pflichtverletzungen
gegen ıhre Mitglieder auf disciplinarischem Wege verfahren. Die
Sitzungen der Bürgerschaft sind regelmässig öffentlich.
Nach der Verfassung der freien Städte wirken Senat und Bür-
gerschaft in Ausübung der Staatsgewalt zusammen. Als Gegen-
stände der gemeinschaftlichen Wirksamkeit des Senats und der
Bürgerschaft stellen die neuern Verfassungen namentlich folgende
Fälle auf: a. Erlassung, authentische Auslegung, Abänderung und
Aufhebung von Gesetzen; b. die Genehmigung von Verträgen mit
auswärtigen Regierungen, deren Inhalt Gegenstände betrifft, über
welche dem Senate keine einseitige Verfügung zusteht; c. allge-
meine Bestimmungen über das Gewerbewesen, sowie die Erthei-
lung, Abänderung, Verlängerung oder Aufhebung gewerblicher
Privilegien, Monopole oder die Gewerbefreiheit beschränkender Pa-
tente; d. Feststellung, Abänderung und Aufhebung öffentlicher
Abgaben jeder Art, ihre Vertheilungs- und Erhebungsweise, sowie
Erlass oder Milderung derselben; e. Errichtung, Abänderung und
Aufhebung aller aus Staatsmitteln zu unterhaltenden Anstalten;
f. Errichtung neuer und Aufhebung bestehender Beamtenstellen.
VI. Die Bürgerausschüsse und Deputationen.
Bereits in den ältern Verfassungen der freien Städte bestanden
Kollegien oder Ausschüsse der Bürgerschaft, welche deren Theil-
nahme an gewissen Staatsangelegenheiten vertraten, sodass dieselbe
in ihrer Gesammtheit nicht zusammengerufen zu werden brauchte.
Besonders ausgebildet war dieses System in der ältern Hamburger
Verfassung, wo die sog. bürgerlichen Kollegien, ähnlich wie
in Bremen, an die Verfassung der Kirchspiele anknüpften. Die
Hamburger Bürgerschaft bildete fünf Kirchspiele; die drei Aeltesten
cines jeden Kirchspiels vereinigten sich und bildeten das Kolle-
gium der 15 Oberalten, das zweite Kollegium, das der Sech-
ziger, entstand durch die Vereinigung der 45 Diakonen mit den
15 Oberalten, das sog. Hundertundachtziger Kollegium