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Von der Justiz.
$ 199.
2} Verfassungsmässige Unabhängigkeit der Gerichte
und der Richter!.
Wenn somit jetzt überall die Gerichtsbarkeit, als ein staatliches
Recht, vom Staatsoberhaupt abgeleitet und in seinem Namen aus-
geübt wird, so soll der Herrscher sich doch, gerade um der Ge-
rechtigkeit willen, jeder persönlichen Ausübung derselben ent-
halten, dieselbe vielmehr an Gerichtsbehörden überlassen, welche
in ihrer eigentlichen Funktion, dem Rechtsprechen, von seinem
und seiner Verwaltungsbehörden persönlichen Belieben durchaus
unabhängig dastehen (S. 190). Dies war schon zu Zeiten des älteren
deutschen Reiches anerkannt. Obgleich nach der späteren Entwicke-
lung die Landeshoheit die Quelle aller Territorialgerichtsbarkeit
war, so durften doch die deutschen Landesherren die Gerichts-
barkeit nicht in eigener Person üben, sondern waren vielmehr
reichsgesetzlich verpflichtet, ihre Ausübung ordentlichen Gerichten,
die »mit rechtschaffenen, geschickten und auf die Justiz vereidigten
Beamten« besetzt sein sollten, zu übertragen. Handelte ein Landes-
herr oder eines seiner Regierungskollegien dagegen und masste
sich einen Eingriff in den Gang der Justiz an, so galt dies als wi-
derrechtliche Kabinetsjustiz, welche ein Gegenstand gerechter
Ahndung durch die Reichsgerichte war (Leist, Staatsrecht, $ 156.
Moser, von der Landeshoheit in Justizsachen, Kap. I. $ 17).
Nach Untergang des deutschen Reiches gmg dieser Grundsatz in
die Verfassungen der deutschen Einzelstaaten über, welche schon
vor 1548 sämmtlich derartige ausdrückliche Bestimmungen ent-
hielten, z. B. Bayern 1818, Tit. VIII. $ 3. Baden 1818, $ 14.
Württemberg 1819, $ 93. Königreich Sachsen 1831, $ 47. Kur-
hessen 1831, & 123.
In den Grundrechten der deutschen Nation wurde in Art. IX.
$ 42 ausgesprochen: »Die richterliche Gewalt wird selbständig von
den Gerichten ausgeübt. Kabinets- und Ministerialjustiz ist unstatt-
haft.« Dieser Satz fand dann in der preussischen Verfassungs-
!'J.L. Klüber, Die Selbständigkeit des Richteramtes und die Unab-
hängigkeit seines Urtheils im Rechtsprechen. Frankfurt 1832. Heinrich
Simon, Die preussischen Richter und die Gesetze vom 29. März 1844. (2. Aufl.
Mit einem Nachworte an Herrn v. Kamptz.) Frankfurt a. M. 1845. B. W.
Pfeiffer, Die Selbständigkeit und Unabhängigkeit des Richteramtes. Göt-
tingen 1851.